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Empfehlungen für die Unterrichtspraxis

Ausgangslage

Die Überlegungen auf den Webseiten Funktionen und Wirkungen der Frage" und „Fragen im Unterricht" führen zu folgendem Ergebnis:

Die Frage im Unterricht ist durchaus problematisch,
weil sie

  • auf der kommunikativen Ebene komplex und vieldeutig ist;
  • auf der didaktischen Ebene widersinnig und unfunktional ist;
  • auf der psychologischen Ebene zu Ungewissheit und Unsicherheit führt.

Dennoch geht es nicht darum, Fragen im Unterricht zu verbieten
oder abzuschaffen oder zu verteufeln.

Vielmehr kommt es darauf an,

  • das Bewusstsein für Zusammenhänge und Wirkungen zu schärfen,
  • das Repertoire der Lenkungsmittel zu erweitern,
  • zu differenzierterer und wirkungsvollerer Lenkung der Lernprozesse anzuregen.

Vorschläge

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, und zwar

  • interpretierende Modifikationen der Frage,
  • Impulse mit anderer syntaktischer Struktur.

An dieser Stelle ist es nützlich, sich die Funktion von Impulsen zu vergegenwärtigen (vgl. die Webseite „Lenkung des Unterrichts") :

Der Lehrende leitet aus einem ihm bekannten Ergebnis eines Erkenntnisaktes eine Möglichkeit ab, den Lernenden zur eigenen geistigen Aneignung dieser Erkenntnis zu veranlassen und die Auffassungstätigkeit des Lernenden in Gang zu setzen.

Dazu gibt es folgende Möglichkeiten.

  • "Kommentierte" Fragen

Der Lehrer stellt eine Frage nicht direkt, sondern kommentiert Absicht und Richtung seiner Frage durch einen einleitenden Vordersatz (performative Formel). Dadurch werden den Schülern die situationsspezifischen Erwartungen des Lehrers deutlich, mögliche Unsicherheiten entfallen.

  • Aufforderungen

Aufforderungen, zumal in behutsamer Form und eher als Bitte wirkend, sind ein wirksames Steuerungsmittel. Vorwiegend verwandt, können sie jedoch die Lenkung des Unterrichts recht bald 'imperativisch' wirken lassen. Deshalb sollten Aufforderungen sparsam eingesetzt werden.

  • "Kommentierende" Aussagen

Kommentare zur Arbeitssituation, vom Lehrer in Form einer Aussage vorgetragen, sind ein wichtiges, vielseitiges und variables Lenkungsmittel.

Dieser Vorschlag macht sich die Erkenntnisse der Sprechakttheorie zunutze, wie sie auf der Webseite „Sprachliche Impulse" vorgestellt werden. Obwohl syntaktische Form und Sprechabsicht nicht übereinstimmen, also ein indirekter Sprechakt vorliegt, ist den Schülern durchaus deutlich, dass ihre Arbeit angeleitet wird. Das geht aus der Unterrichtssituation und dem Handeln des Lehrers unmissverständlich hervor und ist stillschweigend selbstverständlicher Teil des sozialen Arrangements.

Die Vorzüge liegen auf der Hand. Kommentierende Aussagen

- lassen sich sprachlich am besten differenzieren,
- bieten ungünstigen psychologischen Nebenwirkungen den geringsten Raum,
- können gut dosiert werden und berücksichtigen am besten das
   Prinzip der minimalen Hilfe (AEBLI),
- geben den Schülern eine klare Orientierung, ohne ihre Eigenaktivität
   unnötig zu behindern.

Impulse dieser Art verlassen den Bereich direkter Lenkung durch den Lehrer und eignen sich besonders gut für das Konzept des operativen Unterrichts. Hier stehen die Sache und die von ihr ausgehenden Wirkungen im Mittelpunkt, nicht der Lehrer und seine Lehrakte.

Sie fragen, wie „Kommentierende Aussagen" formuliert werden können? Dazu finden Sie auf der Webseite „Umformung von Fragen" Beispiele und Anregungen. Die Struktur dieser Lenkungsform wird auf der Webseite „Lenkung themenbezogener Arbeitsprozesse" dargestellt.

Lassen Sie sich getrost auf kommentierende Aussagen ein. Bald werden Sie
die freie Entfaltung Ihres Impulsrepertoires zu schätzen wissen.

  • Die Sache lenkt den Erkenntnisprozess

Die Grenzen, die den didaktischen Wirkungen direkten Lenkens gesetzt sind, sollten akzeptiert werden. Bei dem operativen Verständnis von Didaktik, das dieser Themengruppe zugrunde liegt, kommt es besonders darauf an, die in der Sache selbst liegenden Lenkungsmöglichkeiten zur Geltung kommen zu lassen bzw. zu bringen.

Die "Kommentierenden Aussagen" eignen sich besonders dazu, die in diesem Konzept vom Lehrer zu leistenden Lenkungsaufgaben zu verwirklichen.

Auf den Webseiten „Das Operationsobjekt", Problemorientierter Unterricht" und (demnächst) „Die Aufgaben des Lehrers im Unterricht" finden Sie dazu weitere und vertiefende Informationen.

  • Impulsformen wechseln

Diese Möglichkeit ist immer zu empfehlen. Auf der Webseite „Variationen eines Impulses" finden Sie anregende, aber auch warnende Beispiele.

  • Informieren

Die raffinierteste Impulsgebung kommt an ihre Grenzen. Lehrer dürfen - und sollten - auch ganz einfach informieren.
Gerade dann, wenn Sie den Unterricht sonst mit variantenreichen Impulsen lenken, kann eine klare und weiterführende Information besonders wirksam sein.
Schüler erwarten das.


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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