Das Operationsobjekt Übersicht 1.0 Medien"- ein doppeldeutiger Begriff Auf der Webseite Medien - eine Begriffsklärung" wird vorgeschlagen, nicht nur sachlich, sondern auch begrifflich zwischen dem Träger einer Information und deren Inhalt ausdrücklich zu unterscheiden. Das dient nicht nur der eindeutigen Verständigung, sondern erleichtert auch das Verständnis für die jeweils gegebenen Sachverhalte, deren Zusammenhänge und Leistungen. 2.0 Legitimation eines befremdlichen Begriffes 2.1 Ein fachsprachlicher Begriff Der Begriff 'Operationsobjekt' ist ein fachsprachlicher Begriff. Weil er keinen unmittelbaren Bezug zur Umgangssprache hat, mag er befremdlich oder gekünstelt wirken. Dass er im Anschluss an Ernst KÖNIG und Harald RIEDEL für die Arbeit der Schulpraktischen Ausbildung empfohlen wird, ist die Folge einer Verlegenheit, nicht jedoch Vorliebe für wissenschaftlichen Jargon. Vorläufig ist kein schlichter Begriff der Hochsprache gefunden worden, der die semantische Funktion des Begriffes 'Operationsobjekt' präzis übernehmen könnte. Der Begriff bedarf jedoch einer Erläuterung. Ein Blick auf den lernpsychologischen Hintergrund wird seine Leistung verdeutlichen und seine Verwendung verständlich machen. 2.2 Lernen - ein Vorgang aktiver Aneignung Lernen ist kein passives Aufnehmen, wie es das Bild vom Nürnberger Trichter" nahelegen könnte; er ist ja lediglich ein Wunschbild. Lernen vollzieht sich in der aktiven Auseinandersetzung mit der Umwelt und ihren Gegenständen - also mit Objekten. Lernen besteht mithin in deren handelnder und zugleich erkennender Bewältigung und Aneignung. Für Handlungen aktiven Aneignens hat Jean PIAGET den Begriff »Operationen« eingeführt. Die Aneignung selbst, also den Lernvorgang, bezeichnet er als 'Assimilation'; das Lernergebnis, das in einer Bewusstseinserweiterung besteht, nennt er 'Akkommodation'. Vertiefungen dazu finden Sie auf der Webseite "Entwicklung als Gleichgewicht zwischen Subjekt und Objekt". Mithin ist Lernen ein zentraler Vorgang der menschlichen Entwicklung. Lernen besteht nicht in der Abbildung von Außenstrukturen im Gedächtnis, sondern ist als konstruktiver Akt der Neukonstruktion und Verknüpfung von kognitiven Strukturen zu interpretieren (vgl. dazu auch die Webseiten "Konstruktivismus und Didaktik" sowie "Lernen ist Konstruktion - »Die Welt entsteht im Kopf«). Hans AEBLI, Schüler, Mitarbeiter und Freund PIAGETs, hat sein Lebenswerk der Aufgabe gewidmet, dessen Einsichten für die Didaktik zu erschließen. Freilich hat schon der große Aurelius AUGUSTINUS Lernen nicht als passives Empfangen verstanden, sondern als aktives Fürwahrhalten, Fürwerthalten und Fürschönhalten. Lehren ist demnach nicht Vermitteln von Kenntnissen und Inhalten, sondern nur der Anstoß dazu, eigene Einsichten zu gewinnen (Winfried BÖHM 2004, S. 38). Das hier referierte Verständnis von Lernen deutet nicht nur die ungeplant verlaufenden Lernvorgänge individueller Entwicklungsgänge, sondern legt auch Folgerungen für Anbahnung und Gestaltung geplanten Lernens nahe, also für schulisches Lernen. Vor diesem Hintergrund kommt Operationsobjekten in der Didaktik eine Funktion von zentraler Bedeutung zu. Georg DIETRICH schreibt dazu (1984, S. 58):
Plakativ formuliert - weitere Ausführungen auf der gleichnamigen Webseite - gilt: Wissen ist das Ergebnis von Tätigkeit. Somit ist es erforderlich, die Begriffe »Operationen« und »Operationsobjekt« näher zu bestimmen. 3.0 Was sind Operationen? Der Begriff »Operation« ist die Basis von Jean PIAGETs Theorie der geistigen Entwicklung. Sein Grundgedanke ist einfach: Denken, Erkennen und Verstehen beruhen auf Handeln. Sie gehen aus dem - hier im ursprünglichen Sinn des Wortes - Begreifen hervor und sind ein internalisiertes, gedanklich vorgestelltes Handeln. Das gilt insbesondere für logisch-mathematische Operationen, doch hat auch darüber hinaus vieles begriffliche Wissen einen Handlungskern. Eine Handlung wird zur Operation, indem sich der Handelnde die Beziehungen vergegenwärtigt, die er durch seine Handlung zwischen den Gegebenheiten herstellt. Diese Gegebenheiten, dingliche oder gedankliche Gegenstände, müssen im Geist des Handelnden gegenwärtig sein. Anders gesagt: Ohne Objekte kein Handeln und keine Operation. Die Verinnerlichung von Operationen durchläuft drei Stufen. Sie stützt sich
Parallel dazu entwickelt sich die Fähigkeit, sich nicht nur mit realen Objekten auseinanderzusetzen, sondern auch mit deren Abbildungen sowie deren Verschlüsselungen in Zeichen und Symbolen. 4.0 Was sind 'Operationsobjekte'? Als Operationsobjekte werden sämtliche Gegenstände und Sachverhalte (Objekte) verstanden, die Lernakte (Operationen) auslösen oder anbahnen und zu deren Aneignung führen. Operationsobjekte sind
Soweit diese Wirklichkeiten
Unterrichtsgegenstände sind oder werden, ist die sachgerechte Verwendung und Auswahl von
Operationsobjekten didaktisch außerordentlich bedeutsam. Weiterführende
Informationen zu diesen Fragen finden Sie auf den Webseiten Anschauungsgehalt
und Abstraktionsgrad", Analyse
und Bestimmung", 5.0 Folgerungen für die Didaktik 5.1 Die Aufgabe von Unterricht Die hier dargestellten Sachverhalte sind für das Verständnis von Unterricht bedeutsam; sie zwingen auch zu Folgerungen für dessen Planung und Durchführung. Lerngegenstände müssen, um pädagogisch
vermittelt zu werden, in Handlungen übersetzt werden. Die Aufgabe von Unterricht
beschränkt sich also nicht darauf, den Lernenden Informationen und
Nur wenn die Schüler zu Operationen auch systematisch angeleitet werden, können sie komplexe Informationen aufnehmen und verarbeiten, also Wissen erwerben. Mithin kommt im
Unterricht nicht dem Lehrer die zentrale Funktion zu, Dazu einige Thesen.
Der Lehrer
5.2 Lernen ist Verinnerlichen Auch eine Didaktik des Handelns ist keine pädagogische Idylle, in der ausschließlich konkrete Operationen stattfinden. Die Schüler müssen vielmehr lernen, Operationen
Dazu muss er, wie oben bereits dargestellt, die erworbenen Informationen verinnerlichen. Das Verständnis dieses Vorganges beruht auf zwei grundlegenden Sachverhalten.
5.3 Zur Klassifizierung von Operationen Im Hinblick auf didaktische Folgerungen
scheint es angebracht, die Skizze eines Systems zur Klassifizierung von Operationen
vorzustellen. Unterschieden werden muss zwischen externen, also tatsächlichen
Operationen, die sich beobachten lassen, sowie internen Operationen, die
intrapsychisch verlaufen und nicht beobachtet, sondern nur aus ihren Folgen und
Auswirkungen erschlossen werden können. Hierzu wird auf die Webseiten "Der Begriff 'Lernziel'"
und Die internen Operationen lassen sich
einerseits als erkennende, andererseits als verarbeitende Operationen
beschreiben. So werden nach J. P. GUILFORD Informationen aus der
Außenwelt in das Bewusstsein aufgenommen, also zu Bewusstseinsinhalten gemacht, oder
Gedächtnisinhalte werden wiederum zu Bewusstseinsinhalten. 6.0 Evolutionsbiologische Grundlagen 6.1 Die zentrale Rolle der Hand Die vorstehenden Ausführungen sind keine theoretischen Spekulationen, sondern werden durch gesicherte Erkenntnisse zur Stammesgeschichte des Menschen gestützt (Erhard OESER, 1987; Frank WILSON, 2000). Die funktionelle Wechselbeziehung von Handbewegung und Hirnaktivität ist von zentraler Bedeutung. Somit erweist sich die Geschichte der Menschwerdung als eine Geschichte der sensumotorischen Intelligenz. Die Befreiung der Hand befähigte die Primaten, insbesondere die frühen Hominiden, zu einer folgenreichen Koevolution von Hand und Gehirn. Nur sie können einen Gegenstand aus seiner Umgebung herausnehmen, ihn durch Riechen und Schmecken, Sehen, Tasten und Fühlen prüfen, ihn sodann wieder in seine Umwelt zurücklegen. Diese Tatsache ist der Urgrund aller begrifflichen Abstraktion und bildet sich noch heute in Ausdrücken wie Handeln", Begreifen" oder Vorstellung" ab. Ein Begriff" ist somit keine
Abbildung eines in der Umwelt des Menschen vorgegebenen Gegenstandes (Objektes). Vielmehr
ist er Begriffliches Denken erweist sich daher als Handeln im vorgestellten Raum. 6.2 Weiterführende Hinweise
7.0 Literaturnachweis Die in diesem Text entwickelten Überlegungen beruhen im Wesentlichen auf den Arbeiten von Hans AEBLI. Insbesondere wird auf sein Hauptwerk hingewiesen: Denken - das Ordnen des Tuns.
Weitere Literatur für die Bausteine zum Thema "Medien" finden Sie hier. Vermutlich zum ersten Mal wird der didaktische Trichter in der Nürnberger Literatur 1545 in dem Buch »Deutsche Arithmetika« von Michael Stifels erwähnt: »Unangesehen, dass ein ungelehrter Mensch nicht danach fragt, dass er ungelehrt ist - und wohl sagen darf - er sollte das Maul nicht auftun, so ihm einer die Kunst könnte mit einem Trichter eingießen.« Im Jahre 1647 veröffentlichte der Nürnberger Senator Georg Philipp Harsdörffer ein Lehrbuch der Poesie mit dem Titel »Poetischer Trichter. Die Teutsche Dicht- und Reimkunst, ohne behuf der lateinischen Sprache in VI Stunden einzugießen«. Harsdörffer , ein Barockmann, Historiker, Dichter und Gründer des Pegnesischen Blumenordens, hat in diesem Werk Regeln für das Schreiben von Gedichten in Deutsch aufgestellt. Damals war es allgemeine Meinung, für die Kunst der Poesie sei die Beherrschung des Lateins eine unerlässliche Voraussetzung. Das Buch war zu seiner Zeit so begehrt, dass schon nach drei Jahren die zweite Auflage erschien. Bald wurde es kurz der »Nürnberger Trichter« genannt und hat dem Nürnberger Trichter seinen unsterblichen Ruhm eingebracht. In der
Stadtbibliothek Nürnberg befindet sich wohl die älteste Darstellung des Nürnberger
Trichters. Auf einem Kupferstich aus dem 17. Jahrhundert sind drei Männer
abgebildet, die einem auf dem Boden Liegenden die gesamte Weisheit mit einem
großen Trichter eingießen. Man kann auf diesem Kupferstich alle möglichen
Gegenstände erkennen, die in diesen Trichter hineingeschüttet werden. Das
Bild trägt die Überschrift Quelle: Harsdörffers Lehrbuch wurde zum Vorbild für Johann Christoph WAGENSEILs Pera librorum iuvenilium (fünf Bände, 1695; frei übersetzt: Rucksack mit Büchern für die Jugend). Diese Bücher waren ein Kompendium, das das damals verbindliche Schulwissen nicht nur enthielt, sondern zugleich auch leicht und wirksam vermitteln sollte. Johann Christoph WAGENSEIL (1633 - 1705) war Professor an der Universität Altdorf (zitiert nach Jürgen OELKERS, Anregung 44 (1999) S. 258, Anm. 6). [ Zurück zum Anfang ] Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 15.01.08 |