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Die Beurteilung von Operationsobjekten

II: Analyse und Bestimmung

1.0 Der Sachhorizont

Operationsobjekte haben für Anbahnung und erfolgreichen Abschluss von Lernprozessen zentrale Bedeutung. Deshalb kommt es bei der Planung von Unterricht sehr darauf an, Operationsobjekte zutreffend zu beurteilen. Nur dann können Operationsobjekte gefunden, entwickelt oder ausgewählt werden, die für die jeweilige Zielsetzung geeignet sind und die gewünschte didaktische Wirkung entfalten.

Auf der Webseite „Anschauungsgehalt und Abstraktionsgrad von Operationsobjekten" werden didaktisch wichtige Leistungen von Operationsobjekten vorgestellt. Das dort genannte Begriffspaar reicht jedoch nicht in jedem Fall dazu aus, tragfähige Entscheidungen zu treffen und zu begründen.

Deshalb wird hier ein Kategoriensystem mitgeteilt, das Operationsobjekte differenzierter zu untersuchen und präziser zu bestimmen ermöglicht. Da sich die Operationsobjekte von Fach zu Fach erheblich voneinander unterscheiden können, werden die Benutzer dieses Systems jeweils fachspezifische Schwerpunkte und Eingrenzungen entwickeln müssen und auf manche Kategorien sogar verzichten können.

Das anschließende Schaubild versucht das dynamische Zusammenwirken dieser Kategorien und die zwischen ihnen bestehenden stufenlosen Übergänge sichtbar zu machen.

2.0 Die Kategorien der Analyse

2.1 Erste Ebene

Operationsobjekte können Eigenschaften haben, die einzig aus ihnen selbst begründet sind und darum objektabhängig heißen.

Am Beispiel:
Biologische oder physikalische Sachverhalte bestehen unabhängig von deren Wahrnehmung durch Menschen.

Operationsobjekte lösen bei Lernenden keineswegs zuverlässig jeweils gleichartige oder gleich intensive Operationen aus. Die Eignung eines Operationsobjektes ist vielmehr vom Lernzustand des Lernenden abhängig. Mithin gibt es Eigenschaften des Operationsobjektes, die auch subjektabhängig sind.

Am Beispiel:
Ob ein Mensch den Inhalt eines Schriftstücks zur Kenntnis nehmen kann, hängt zunächst davon ab, ob er die Schriftzeichen 'entziffern' kann, in denen die Information vorliegt.

2.2 Zweite Ebene

Unabhängig von der ersten Ebene, sie jedoch durchdringend, gibt es eine zweite Ebene. Sie wird von den folgenden vier Kategorien bestimmt:

  • Konkretion
  • Nachrichtenkanal
  • Komplexität
  • Information

Das heißt im Überblick: Operationsobjekte können

  • gegenständlich oder abstrakt sein,
  • auf unterschiedliche Weise und in mehr oder minder großem Umfang
    Information vermitteln,
  • einfach oder komplex beschaffen sein,
  • für den Lernenden mehr oder minder bedeutsam sein.

2.3 Das Kategoriensystem im Überblick

Das Zusammenwirken der genannten Kategorien lässt sich in dem folgenden Schaubild zusammenfassen. Der Schwierigkeitsgrad eines Operationsobjektes ist desto größer, je weiter
vom Mittelpunkt des Achsenkreuzes entfernt seine Eigenschaften anzuordnen sind.

Opo.pcx (7129 Byte)

Abbildung: E. RIEDEL - H. KÖNIG, 1971, S. 140

3.0 Erläuterungen zum Schaubild

3.1 Objektabhängige Seite

Oberhalb der gestrichelten Linie sind die Begriffe angeordnet, die ausschließlich vom Operationsobjekt abhängig sind.

3.11 Konkretion

  • Reale Objekte: der Gegenstand selbst ist Operationsobjekt.
  • Informationelle Objekte:
    Hier liegen Nachrichten über den Gegenstand vor. Diese Nachrichten sind ikonisch (bildhaft), wenn sie wenigstens einen Aspekt des Gegenstandes abbilden. Wenn die Nachrichten abstrakt sind, weil sie in Symbolen oder Zeichensystemen übermittelt werden, sind sie nicht ikonisch.

3.12 Nachrichtenkanal

  • Reale Objekte werden auf mehreren, oft auf allen Wahrnehmungsebenen aufgenommen. '
    Nachrichtenkanäle' sind das Sehen, Hören, Anfassen und Fühlen, Schmecken, Riechen, schließlich auch Bewusstsein und Gedächtnis (Erinnerung).
  • Informationelle Operationsobjekte werden auf wenigen Wahrnehmungsebenen, oft auf einer einzigen, übermittelt und aufgenommen.

3.2 Subjektabhängige Seite

Unterhalb der gestrichelten Linie sind die Begriffe angeordnet, die auch vom Subjekt, dem Lernenden und seinem jeweiligen Lernzustand abhängig sind.

3.21 Komplexität

Ob ein Operationsobjekt als einfach oder komplex empfunden wird, hängt nicht nur von seiner Struktur ab, sondern auch von den Verständnismöglichkeiten des Lernenden; dieser werden ihrerseits durch dessen Wissen sowie durch situative Faktoren bestimmt.

  • System
    Ein Operationsobjekt gilt dann als System, wenn es der Lernende als einen funktionalen Zusammenhang von Elementen versteht.
  • Klasse
    Erkennt der Lernende in einem Operationsobjekt zwar Elemente, jedoch keine zwischen ihnen bestehende Beziehung, so wird das Objekt als Klasse aufgefasst.
  • Einheit
    Kann der Lernende ein Operationsobjekt nicht einmal in Elemente auflösen, so stellt es sich ihm als Einheit dar. Mithin kommt es darauf an, ob ein Operationsobjekt als funktionale Struktur wahrgenommen wird, lediglich als eine Anzahl von Elementen mit gleichen Merkmalen gesehen wird oder gar nicht strukturiert scheint.

3.22 Information

Informationen, die ein Operationsobjekt übermittelt, können für deren Empfänger, insbesondere den Lernenden, unterschiedlich bedeutsam sein.

  • Syntaktische Information
    heißt eine Information dann, wenn sie lediglich eine Tatsache übermittelt, diese jedoch für den Aufnehmenden bedeutungslos bleibt.
  • Semantische Information
    liegt dann vor, wenn der Aufnehmende der Information eine bestimmte Bedeutung zuordnet.
  • Pragmatische Information
    ist eine Information dann, wenn der Empfänger eine für ihn bedeutsame Information erhält, die ihn zusätzlich zu einem Handeln auffordert.
  • Ästhetische Information
    liegt dann vor, wenn die Darstellung einer Nachricht von der üblichen Norm abweicht, z.B. durch eine künstlerische Ausgestaltung.

Hinweis:
Obwohl die vorstehenden Erläuterungen für alle Informationen gelten, sind sie von besonderer Bedeutung für alle nicht ikonischen, in Zeichen und Symbolen übermittelten Informationen.  

Ausgearbeitet nach:
Ernst KÖNIG und Harald RIEDEL
Unterrichtsplanung als Konstruktion
Weinheim 1971, 2. Auflage, S. 139 ff.


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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