Das Modell Übersicht 1.0 Nur ein Modebegriff ? Kein Zweifel - der Begriff Modell" hat Hochkonjunktur und ist geradezu in Gefahr, zu einem Modebegriff zu verkommen. Seine Leistungsfähigkeit, Tiefe und Anerkanntheit verführt immer wieder dazu, sich seiner auch in Zusammenhängen zu bedienen, in denen ohne weiteres schlichter gesprochen werden könnte. Der sprachliche Missbrauch geht manchmal bis in die Nähe der Hochstapelei. Modelle haben jedoch - unabhängig von modischem Wortgetöse - in Wissenschaft, Technik und Kunst eine zentrale Funktion; das gilt auch für die Didaktik. In den Bausteinen zum Thema 'Medien/Operationsobjekte' werden Modelle lediglich erwähnt, aber nicht behandelt. Deshalb müssen die Merkmale, die Modellen als Operationsobjekten eignen, gesondert dargestellt und erörtert werden. 2.0 Wortgeschichte und Wortgebrauch Der Begriff Modell" geht auf das lateinische Wort 'modulus' zurück; dessen Begriffskern bezeichnete das Grundmaß, das alle Proportionen eines Tempels bestimmte. Im älteren, bäuerlich-vorindustriellen Deutsch bezeichnet das Lehnwort Model" flache Hohlformen für die Herstellung von figürlichem Gebäck sowie erhabene Druckstöcke für das Bedrucken von Stoff oder die Tapetenherstellung. In das moderne Deutsch ist der Begriff aus dem Italienischen ein zweites Mal übergegangen. Die Bedeutung des Wortes Modell" schwingt um einen Bedeutungskern, der folgende Elemente enthält:
2.1 Die Pole des Modellbegriffes Modelle stehen in einem Spannungsverhältnis zur eigentlichen" Wirklichkeit, oft als Vorgriff auf diese, wie bei Modellen für Glocken, Gussplastiken, technische Gussstücke oder auch Bauten deutlich wird. Der Begriff Modell" enthält zwei dialektisch aufeinander bezogene Pole:
3.0 Modelle in der Didaktik Modelle, die eine Wirklichkeit abbilden, eignen sich - zumal in den naturwissenschaftlichen Fächern - besonders gut dazu, die Begegnung zwischen dem Lernenden und der Sache herzustellen. Ihre anschauliche und übersichtliche Gegenständlichkeit erleichtert es
An dieser Stelle zeichnet sich eine entscheidende Erweiterung des Modellbegriffes ab. Als Modell können nämlich auch rein gedanklich-abstrakte Entwürfe verstanden werden, die der - zunächst hypothetischen - Durchdringung einer komplexen Wirklichkeit dienen oder lediglich als Interpretationsmuster zu verstehen sind. In diesem Baustein sollen die Merkmale, Leistungen und Grenzen, die Modellen im Zusammenhang mit didaktischen Aufgaben eigentümlich sind, näher untersucht werden. 3.1 Eine Typologie didaktisch wichtiger Modelle Aus den o.g. Funktionen lässt sich eine Typologie von Modellfunktionen entwickeln (nach Volker Pietsch, Leiter des 1. SPS Pankow).
3.2 Modelle als Repräsentanten von Wirklichkeit Modelle sind mit der Wirklichkeit, die sie abbilden oder repräsentieren, nicht identisch. Im Gegenteil - sie sind ein Bild, das sich das erkennende Subjekt von der Wirklichkeit macht und/oder anderen von der Wirklichkeit vermitteln will. Modelle zeichnen sich im Verhältnis zur Wirklichkeit durch die Beschränkung auf das jeweils Wesentliche aus. Mithin werden - insbesondere für Unterricht gedachte - Modelle von der jeweils gegebenen Vermittlungsabsicht bestimmt. Das verdeutlichen die folgenden typischen Beispiele: Modelle können
3.3 Modelle als Entwürfe für Wirklichkeit Modelle, die eine Wirklichkeit entwerfen, spielen im Unterricht ebenfalls eine bedeutende Rolle. Schon in der Mittelstufe, vor allem jedoch in der Oberstufe sind Unterrichtssituationen denkbar, in denen die Entwicklung eines - meist ungegenständlichen - Modells dabei helfen kann,
3.4 'Historische' Modelle im Unterricht Unterricht soll den Schülern nicht allein Kenntnisse, sondern vor allem auch Methodenbewusstsein vermitteln. Deshalb kann es in den Naturwissenschaften, aber auch in geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern besonders sinnvoll sein, wissenschaftsgeschichtlich bedeutsame Denkmodelle unter exemplarischen Gesichtspunkten zu behandeln. Insbesondere lässt sich an ihnen die dialektische Doppelfunktion von Modellen, Abbild und Entwurf zugleich zu sein, verständlich machen. 4.0 Erzieherischer Ausblick Unterricht hat über seine informierende und instruierende Funktion hinaus immer auch erzieherische Wirkungen. Davon ist ein beachtlicher Teil nicht beabsichtigt, und dennoch vollzieht er sich - weitgehend unbemerkt. Deshalb sprechen Erziehungssoziologen vom 'hidden curriculum', dem unsichtbaren Lehrplan; manche Schulkritiker bezeichnen ihn sogar als den eigentlichen Lehrplan; Einzelheiten zu diesem Thema finden Sie auf der Webseite Was auch gelernt wird - Der unsichtbare Lehrplan" Wir Lehrer müssen uns der Tatsache bewusst sein, dass der Modellbegriff nicht nur eine didaktische Seite, sondern auch eine kommunikationspsychologische Seite hat. Jeder von uns ist Modell, insbesondere Modell für Haltungen und Fehlhaltungen, Tugenden und deren Gegenteil. Die positiven und - erst recht - die negativen Aspekte unseres Verhaltens haben für Schüler Leitbildfunktion; sie verstärken unsere erzieherischen Bemühungen oder konterkarieren sie. 5.0 Literaturgrundlage
Die Bücher von SCHAEFER und WENK enthalten zahlreiche Beispiele und Vorschläge für die - insbesondere naturwissenschaftliche - Unterrichtspraxis. 6.0 Anhang: »Urbild« Dem Begriff »Urbild« kommt
in GOETHEs Denken große Bedeutung zu.
Quelle:
In seinem Festspiel »Pandora« lässt er Prometheus zu einer Gruppe von Hirten wie folgt sprechen:
Quelle:
Zurück zur Übersicht Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 15.01.08 |