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2.0
Positionen zur »Neurodidaktik«
2.4
Lernen im »entspannten Feld«
Entwicklungsbiologische
Voraussetzungen
Norbert
SACHSER (2004, S. 475 – 86) stellt das Lernen des Kindes und des
jungen Menschen in den evolutionsbiologischen Zusammenhang.
„Alle
Säugetiere sind »Neugierwesen«.“
-
Neugierverhalten
lässt das Lebewesen (gemeint sind hier Säugetiere) Raum- und
Objektkenntnisse sammeln und verfeinern. Die dabei gewonnenen
Lernerfahrungen verbessern seine Überlebenschancen.
-
Dem
Neugierverhalten sehr ähnlich ist das Spielverhalten der Säugetiere.
Obwohl es Energie kostet und die Jungtiere oft auch gefährdet, muss es
eine biologische Funktion haben und für das Jungtier nützlich sein –
die Jungtiere lernen.
-
Neugier
und Spieltrieb lassen Jungtiere oft Neues erfinden. Bekanntes Wissen
wird von der älteren Generation an die jüngere weitergeben.
-
Neugier
und Spiel sind an eine Voraussetzung gebunden, die als »entspanntes
Feld« bezeichnet wird. Das Jungtier braucht sowohl Anregung als
auch Sicherheit. Nur dann kann es seine Umwelt angstfrei und unbelastet
erkunden.
-
Sicherheit
wird meist von der Mutter, bei vielen Spezies aber auch von den Eltern,
vom Familienverband oder der ganzen Gruppe gewährleistet.
-
Insgesamt
kommt somit der Umwelt für die Verhaltensentwicklung des Jungtiers eine
Schlüsselrolle zu. An vorderster Stelle steht hier die Existenz von
Bindungspartnern, die Sicherheit vermitteln.
-
Neugier-
und Spielverhalten sind ein Verhalten, das sich selbst belohnt. Das
dabei auftretende Lernen ist intrinsisch motiviert und bedarf deswegen
keiner Verstärkung durch erwachsene Sozialpartner. Deshalb sollten für
Kinder möglichst viele „entspannte Felder“ geschaffen werden.
Merkmale des
»entspannten Feldes«
Der Begriff geht
offenbar auf die Zoologin Monika MEYER-HOLZAPFEL (SACHSER, a.a.O., S.
477, Anm. 2). Insbesondere Heinrich ROTH (1975, S. 243 f.) hat ihn
für die Didaktik aufgegriffen.
So leicht er einleuchtet, so schwer ist er zu bestimmen. Die
Merkmale eines entspannten Feldes unterscheiden sich einerseits je nach
Individualität, Lebensalter, Geschlecht, andererseits nach der jeweiligen
Situation (Familie, Kindergarten, Schule).Allgemeine
Aussagen sind deshalb schwierig.
SACHSER (a.a.O., S. 483 f.) nennt zwei
generell geltende Merkmale entspannter Felder.
-
Das
Gefühl der Sicherheit, das ein Individuum hat, ist an niedrige
Konzentration des Hormons Kortisol gebunden. Bei Unsicherheit
treten höhere Werte auf. Die Werte sind niedrig,
o wenn Ereignisse vertraut, vorhersagbar und kontrollierbar sind,
o wenn das Individuum durch einen Bindungspartner unterstützt wird
oder
sich in einem sozialen Netz befindet.
-
Das
Individuum bedarf der Anregung durch externe Reize. Durch sie wird das
Sympathikus-Nebennierenmark-System angeregt, was zu einer mäßigen
Ausschüttung von Adrenalin führt. Bei niedriger und bei hoher Ausschüttung
von Adrenalin wird schlecht gelernt, bei mittlerer am besten. Sowohl
Langeweile als auch Übererregung sind abträglich.
Das alles gilt
auch für Menschen, vor allem für Kinder und Jugendliche. Sie lernen am
besten, wenn
Soziales
Lernen
SACHSER
weist (a.a.O., S. 484) auf einen Sachverhalt hin, der über die
dargestellten Zusammenhänge hinausgeht und erzieherisch bedeutsam ist.
Nicht alle
wichtigen Lernerfahrungen werden im Kontext von Neugier- und
Spielverhalten – im „entspannten Feld“ – gemacht.
So belasten
Sozialisationsprozesse während der Pubertät, in denen wichtige soziale
Regeln erlernt werden, die Interaktion zwischen Adult- und Jungtieren
erheblich. Deren erfolgreiche Bewältigung wirkt sich jedoch auf die weitere
Entwicklung positiv aus.
Auf den Menschen
bezogen, löst diese Erkenntnis folgende Frage aus:
Wieviel
Herausforderung einerseits und wieviel „entspanntes Feld“ andererseits
sind erforderlich, damit Kindern und Jugendlichen das Heranwachsen zu
einer ausgeglichenen Persönlichkeit gelingt?
Eine Antwort ist
ohnehin schwierig. Sie wird noch dringlicher, weil die durch Einwanderung
bedingte Heterogenität der Jugendlichen vor allem in den Großstädten zu
erheblichen, ja krassen Mentalitätsunterschieden geführt hat, die nicht
biologisch, sondern kulturell bedingt sind.
Literaturnachweis
Der
Text beruht auf dem Aufsatz von
Die
Literaturnachweise für diese Webseite
sowie die weiteren Webseiten dieses thematischen Bereiches
finden Sie hier.
Ein
zusammenfassendes Literaturverzeichnis
für die Themengruppe »Lernen – Voraussetzungen, Möglichkeiten,
Probleme«
finden Sie hier.
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Ausgearbeitet
von: Dr.
Manfred Rosenbach - letzte Änderung
am: 15.01.08
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