Lernen Übersicht Vorbemerkung Die Ausführungen dieser Webseite beruhen auf Überlegungen, die sich mit der Integration behinderter Schüler in „Normal"schulen beschäftigen. Diese - in der Sekundarstufe I neue - Aufgabe zwingt zu didaktischen Konsequenzen, denen in relativ homogenen Lerngruppen ausgewichen werden konnte. Deshalb lassen sich hier Probleme und Möglichkeiten von Binnendifferenzierung besonders deutlich herausarbeiten. 1.0 Die Problemlage 1.1 Passung als Voraussetzung von Motivation In einer die Unterrichtspraxis mitbestimmenden lerntheoretischen Tradition konzentriert sich das Problem der schülerorientierten Anregung von Lernprozessen in der optimalen Dosierung des Schwierigkeitsgrades von Lernanforderungen als Voraussetzung der erfolgreichen Stimulierung von Lernprozessen. Nach dem Prinzip der »Passung«, das nach Heinz HECKHAUSEN (1969, S. 212) von der motivations- und entwicklungspsychologischen Forschung vielfach erhärtet worden ist, „üben Aufgaben nur innerhalb einer mittleren Schwierigkeitszone einen Anreiz aus und motivieren den Schüler intrinsisch". Über- oder Unterforderung dagegen hat keinen Lernen und Entwicklung stimulierenden Effekt. So liegt der Schluss nahe, dass in Bezug auf die Lernanforderungen relativ homogene Lerngruppen für die Förderung der Schüler besonders geeignet erscheinen - die in ihrem sachstrukturellen Entwicklungsstand gleichartig eingeschätzten Schüler werden aus arbeitsorganisatorischen und ökonomischen Gründen zusammengefasst. 1.2 Lernprozesse sind individuell Lernprozesse vollziehen sich stets individuell und haben einen für den Lernenden spezifischen Stellenwert. Sich als Lehrer auf die Lernvoraussetzungen, Lerninteressen und Lernschwierigkeiten der einzelnen Schüler einzustellen bedeutet, die Frage nach lerngegenstandsbezogenen Vorkenntnissen und Fertigkeiten zu stellen. Heckhausens Hinweis auf die Bedeutung des sachstrukturellen Entwicklungsstandes und eine diesem entsprechende „Dosierung des Schwierigkeitsgrades" von gestellten Aufgaben heißt, das Problem des Unterrichtens auf die kognitive Dimension des Lernens und seine motivationspsychologischen Aspekte zuzuspitzen. Optimale Förderung aller Schüler bedeutet daher,
2.0 Gemeinsames Lernen und Individualisierung 2.1 Ein Dilemma und seine Bearbeitung Gemeinsames Lernen und
Individualisierung der Lernanforderungen werden im Schulalltag Ein Versuch, mit diesem Dilemma fertig zu werden, ist die zeitliche Entkopplung der Ansprüche:
Dabei geht es darum, folgende Aspekte zu beachten:
2.2 Was ist gelungener Unterricht? Das Gütekriterium für gelungenen Unterricht läge nicht mehr darin, ob alle alles erreicht haben, sondern in zwei aufeinander zu beziehenden und nur miteinander gültigen Kriterien, nämlich
3.0 Unterrichtsorganisation 3.1 Folgerungen Diese zu den Rahmenbedingungen passende Strategie ist eine Unterrichtsorganisation, die mit der Gleichförmigkeit des herkömmlichen Unterrichts - des Arbeitens im Klassenverband und des charakteristischen Arrangements von Lehrersteuerung und Schülerreaktion - bricht und den Unterricht in wechselnden, funktionalen Sozialformen - Einzel-, Team-, Gruppen- und Gesamtklassen-Arbeit - gestaltet. Noch bedeutsamer als die mit einzelnen Gruppierungs- und Arbeitsformen verbundenen spezifischen Lernchancen erscheint das bei einer anregend und abwechslungsreich erlebbaren Unterrichtsorganisation sich verändernde Lernklima. Mit der Auflösung des Klassenverbandes als fiktiver Einheit nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass der einzelne Schüler in seiner Individualität wahrgenommen wird - und dass er sich selbst und seine Mitschüler als Ernstgenommene und Ernstzunehmende erlebt und annehmen lernt. Durch persönliche Ansprache und Zuwendung, durch individuelle Hilfen und pädagogische Unterstützung, durch eine behutsame Einflussnahme auf soziale Interaktionsprozesse und die Förderung von toleranten und kooperativen Verhalten besteht die Möglichkeit, im Sinne der Zielsetzung integrationspädagogischer Arbeit zu wirken. 3.1 Das Konzept der Binnendifferenzierung Unverzichtbar für einen binnendifferenzierenden Unterricht sind gemeinsame Erörterungen der zentralen Inhalte und Probleme (des Minimalkanons) von Unterrichtseinheiten, die Aussprache über gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse, die Diskussion von Arbeitsvorhaben, Arbeitsschritten und Arbeitsergebnissen. Es hat den Anschein, dass dieser sachorientierte Austausch in nicht unbedenklicher Weise vernachlässigt wird. Integration kann nur durch Kooperation der Beteiligten gelingen, und diese ist nur zu erreichen, wenn der Unterricht tatsächlich einen gemeinsamen Gegenstand hat, aber nicht von jedem Schüler erwartet wird, dass er denselben sachstrukturellen Entwicklungsstand, wohl aber die Ziele des verbindlich festgelegten Minimalkanons erreicht. Unterschiedliche Lernziele als Voraussetzung für optimale Lernfortschritte des Einzelnen, gemeinsamer Lerngegenstand bei verbindlichem Minimalkanon als Bedingung sozialer Integration, so ließe sich das Konzept charakterisieren. Die didaktische Vorbereitung der Individualisierung der Lernanforderungen muss auf der Grundlage einer Sachstrukturanalyse methodisch-mediale Hilfen für die Gegenstandsaneignung bereitstellen und aus einer Handlungsstrukturanalyse die notwendigen lernstrukturellen - und komplettierend quasitherapeutischen - Hilfen für die planmäßige Entwicklung der Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungskompetenz ermitteln, um sie mit der Individualisierung der Lernwege zu einer Individualisierung der Lernziele bei gesichertem gemeinsamem Wissens- und Könnensstand (Minimalkanon) zu führen. Die Arbeit in heterogen zusammengesetzten Lernverbänden gestattet neben Gesprächen und wechselseitiger Hilfen zum Kern des Minimalkanons übersteigend gestaltete Lernsituationen und daneben auch Einzelarbeit (Beschäftigung mit persönlich interessierenden Themen, Arbeit mit programmierten Medien, Anfertigen von Texten u. Ä..). 3.2 Drei Typen von Aktionen und Interaktionen In den unter pädagogischer Einflussnahme gebildeten Lerngruppen lassen sich drei intentional unterschiedliche Aktions-/Interaktionstypen ausmachen; sie werden plakativ wie folgt typisiert:
4.0 Literaturgrundlage Die vorstehenden Ausführungen wurden angeregt durch folgende Autoren:
Neuerdings ist folgende praxisorientierte Publikation erschienen:
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zur Übersicht ] Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 03.04.10 |