Bildung Übersicht Vorbemerkung Diese Einführung dient zwei Zwecken.
Der Verfasser der Bausteine versucht ein möglichst breites Spektrum an Auffassungen vorzustellen. Damit will er den Lesern der Bausteine die Möglichkeit bieten, sich ein auf eigenen Entscheidungen beruhendes Urteil zu bilden. Bildung" darf nicht zum bloßen Signalwort" (Rudolf MESSNER, 2003, S. 401) verkommen, sondern ist nach wie als Leitbegriff" unentbehrlich. 1.0 Das Problemfeld »Bildung« ist eines der großen
Themen der europäischen und insbesondere der deutschen Kultur- und Geistesgeschichte. Ihm
eignet großartige Tiefe, der Reichtum der geistigen Überlieferung ist überwältigend -
als Aufgabe und zugleich wohl auch als Last.
Dabei wird jedoch eine Tendenz sichtbar, für die eine Einschätzung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) repräsentativ sein dürfte (zitiert nach Spiegel" Nr. 26 vom 24. Juni 2002, S. 70):
Ulrich LEITNER, bei DaimlerChrysler Direktor für Ausbildungsfragen zuständig, formuliert (a.a.O.) über das damit angegebene Ziel hinaus wesentlich komplexer: Am Ende
werden wir nicht mit Wissen gewinnen, Die Probleme der Gegenwart und erst recht
die Aufgaben, die uns die Zukunft stellt, führen zwangsläufig zu unterschiedlichen
Auffassungen. Diese werden auf Webseiten vorgestellt, die unter dem Stichwort
Bildung als Thema aktueller Diskussionen"
zusammengefasst sind. Vor allem aber machen sie ein sinnvolles Verständnis von Bildung
und daraus folgende Konzeptionen für Unterricht und Erziehung desto eher notwendig. Bildung" ist also inzwischen
offenkundig zum Problem geworden - und das heißt, zur ungelösten Aufgabe. Das Thema Bildung bzw. Allgemeinbildung zeichnet sich durch zwei Pole aus, die in geradezu paradoxem Gegensatz zueinander stehen. Das hat am treffendsten Heinz-Elmar Tenorth (1994, S. 23) formuliert:
Daraus folgt die unausweichliche Schwierigkeit, eine Auswahl zu treffen und sie verbindlich zu machen. Sie wird auf der Webseite "Muss es einen Bildungskanon geben?" erörtert. Die vorstehende Einführung kann nur eine subjektiv gefärbte Skizze sein. Eine systematische und instruktive Übersicht aller einschlägigen Aspekte des Themas »Bildung« finden Sie jedoch neuerdings in folgendem Titel:
2.0 Die Begriffe 2.1 Klärungen Die Begriffe Erziehung" und Bildung" sind aufeinander bezogen und gehören eng zusammen. Oft werden sie nahezu bedeutungsgleich verwendet, denn sie bezeichnen zwei Seiten ein und derselben Sache: Dennoch unterscheiden sie sich. Der Begriff Erziehung" bezeichnet eher den Vorgang, der Begriff Bildung" eher das Ergebnis. Erich E. GEISZLER (1984 S. 264) führt dazu aus:
Oft wird auch von
Allgemeinbildung" gesprochen. Als Wort der Umgangssprache wird dieser Begriff
unterschiedlich, oft auch widersprüchlich, mitunter sogar banal gebraucht oder
verstanden. Fachsprachlich ist er nahezu identisch mit dem Begriff Bildung",
doch enthält er zwei Bezugsebenen. Allgemeinbildung" bezieht sich individuell
auf die einzelnen Person und gesellschaftlich auf die Gesamtheit der Menschen.
Die geistesgeschichtliche Herkunft des Begriffs wird unten
dargestellt. Nach Jürgen-Eckardt PLEINES (1971, S. 3, 5 -10, vorletzter Punkt vom Verfasser der Bausteine" hinzugefügt) kann Bildung verstanden werden als
Vertiefungen und Einzelheiten finden Sie auf der Webseite Aspekte zeitgenössischer Bildungstheorien". 2.2 Herkunft und Bedeutung Der Begriff Bildung" stammt
aus der Mystik; hier wird das handwerklich-künstlerische Verbum »bilden«
auf die pädagogische Ebene übertragen. Das Wort Bild" enthält eine geheimnisvolle Doppelbedeutung:
Vor-Bild und Ab-Bild. Das macht eine alte mystische Tradition verständlich. Nach ihr
trägt der Mensch das Bild Gottes, nach dem er geschaffen ist, in seiner Seele und hat
es in sich aufzubauen. Die Bildungsreligion" hat die Tiefendimension dieses
Wortes in sich aufbewahrt. Unser Begriff von Bildung" ist von da an bestimmt.
In einem dichten Essay mit dem Titel "La Bildung" stellt Birgit Sandkaulen (2004) die spezifische - und in andere Sprachen nicht zu übersetzende - Vielschichtigkeit des Wortes »Bildung« vor. Auf dieser Grundlage entwickelt sie, ausgehend von Herder und den Positionen der Jenaer Philosophen Fichte und Hegel einen kritischen Bildungsbegriff, der den Menschen die Anstrengung selbständigen Denkens abverlangt und zum Grundgedanken der Humboldtschen Universitätsreform geworden ist. 2.3 Allgemeinbildung Der Begriff Allgemeinbildung"
hat in unserem Sprachgebrauch unterschiedliche Bedeutungen. Er dient vor allem
dazu, einen
Unterschied zu Ausbildung, Berufsbildung o.ä. zu bezeichnen und wird meist als
Vertrautheit mit einem Bildungswissen verstanden, das man haben müsse, um als
gebildet" zu gelten.
Vielleicht wirken diese Gedanken sehr abstrakt. Sie machen jedoch zweierlei deutlich:
HEGELs Bildungstheorie wird von Jürgen-Eckardt PLEINES (1983/1986) umfassend und tiefgründig dargestellt. Wirkungsmächtig war jedoch vor allem ein Diktum Wilhelm von HUMBOLDTs in seinem Rechenschaftsbericht an den König (1809): „Es gibt
schlechterdings gewisse Kenntnisse, die allgemein sein müssen, Den vollständigen Text
und die Quellenangabe finden Sie auf der Webseite Wilhelm
von Humboldt - Die maßgebliche Definition des Begriffes Bildung«. 2.4 Folgerungen Vergegenwärtigt man sich den Entwicklungsstand von Wissenschaft und Forschung, so erweist sich der Gedanke, Allgemeinbildung bestehe darin, allseitig" gebildet zu sein, als Illusion. Dennoch ist eine Grundorientierung notwendig, die den Horizont unserer Kultur insgesamt in den Blick nimmt. Jungen Menschen dabei zu helfen, dass sie über Verfügungswissen" hinaus auch Orientierungswissen" gewinnen können, ist eine zentrale Aufgabe von Schule. Jürgen MITTELSTRASZ (2002) beschreibt den Unterschied wie folgt; die Ergänzungen folgen Hans MOHR (1989 a, S. 200, sowie 1989 b, S. 127):
.Mit dem Orientierungswissen stehe es
heute nicht zum besten, weil sich Verfügungswissen und Orientierungswissen
auseinanderentwickelt hätten. Die Wissenschaft habe das Orientierungswissen aus dem Auge
verloren, und die Gesellschaft häufig auch. Orientierungsschwächen seien die Folge und
würden allgemein als Werteverfall erlebt. 2.5 Ein Einwand Aus traditioneller Sicht betrachtet, sind
die hier präsentierten Positionen begründet und, jede auf ihre Weise, schlüssig.
Dennoch stellt sich die Frage, ob wir die jungen Menschen mit unseren Vorstellungen von
Bildung erreichen. Offenbar gibt es nicht wenige, die dem Anspruch, sich auf die Fülle
und Tiefe unserer reifen Spätkultur einzulassen, nicht gewachsen sind und/oder sich ihm
verweigern.
Der Tagesspiegel" vom 5. Juni 2002 berichtet über Konzeption und Erfolg dieses Projekts in eindrucksvollen Einzelheiten. Verallgemeinerte man die danach naheliegenden Empfehlungen für die Gestaltung des öffentlichen Schulwesens, so bedeutete das den Verzicht auf zentrale Teile der überkommenen Aufgaben schulischer Bildung, wie sie in den Bausteinen dieser Themengruppe vorgestellt werden. Im Blick auf die gesamtgesellschaftliche Funktion der Schule spielt es durchaus eine Rolle, was Schüler lernen - und mehr noch, was sie nicht lernen. Der Konflikt kann hier nicht bearbeitet werden, doch müssen wir uns ihm stellen. 2.6 Die Aufgabe Zum Abschluss dieser Einführung sei Armin BERNHARD zitiert. Er fasst Schwierigkeit und Aufgabe der Erziehung von Individuen wie folgt zusammen (1999, S. 654):
Als Ergänzung und zugleich Gegenstück beschreibt Heinz-Elmar Tenorth (1994, S. 166) die generelle Aufgabe, die allgemeine Bildung in der Gesellschaft hat, wie folgt:
Aktuelle Problemlagen und Positionen werden in einem jüngst erschienenen Sammelband erörtert:
3.0 Literaturnachweis Um die einzelnen Bausteine zu entlasten, werden auch in diesem thematischen Bereich die Literaturnachweise in einem gesonderten Baustein Literaturgrundlage" zusammengefasst. Wenn Sie also Zitate nachlesen wollen oder weiterführende Titel suchen, klicken Sie bitte auf Literaturgrundlage". [ Zurück zur
Übersicht ] Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 23.05.15 |