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Das
Gedächtnis
III. Behalten und
Erinnern
Übersicht
1.0 Alles Lernen ist der Kampf gegen das Vergessen
2.0 Prinzipien des Lernens
2.1 Die Kurve des Vergessens
2.2 Wiederholen und Überlernen
3.0 Hindernisse beim Lernen
3.1 Funktionelle Ursachen
3.2 Hormonelle Ursachen
4.0 Didaktische Konsequenzen
4.1 Lerntechnische Ebene
4.2 Emotionale Ebene
5.0 Literaturgrundlage
1.0 Alles
Lernen ist der Kampf gegen das Vergessen
Vergessen zu können
ist aus biologischer Sicht notwendig und funktional – s. dazu die Webseite
„Das Gedächtnis – II. Lernen und Vergessen“.
Die Wirksamkeit des dort beschriebenen Filtermechanismus ist folglich ein
entscheidendes Hindernis für alle selbst gewollten oder von außen
gesteuerten Lernvorgänge, also vor allem für Lernen
in der Schule. Die
Kenntnis der Gedächtnisfunktionen erleichtert jedoch ein methodisches
Vorgehen, das eine systematische Verarbeitung der Informationen ermöglicht
und damit die Übertragung in das LZG verbessert.
2.0
Prinzipien des Lernens
Aus den
Erkenntnissen der neurobiologischen Forschung ergeben sich Einsichten und
Empfehlungen für sinnvolle Strategien des Lernens. Auf dieser Webseite
werden einige zentrale Sachverhalte vorgestellt. Konkrete Hinweise für
effektives Lernen finden Sie auf den Webseiten des thematischen Bereiches „Nutzanwendungen
für den Unterricht".
2.1
Die Kurve des Vergessens
Versuche, wie
sie 1885 erstmalig der Lernforscher Hermann Ebbinghaus,
übrigens mit sinnfreiem Material, gemacht hat, führen zu folgenden
Ergebnissen:
-
Nach 20
Minuten sind 42 % des Gelernten wieder vergessen,
-
nach einer
Stunde 56 %,
-
nach einem
Tag 66 %,
-
nach sechs
Tagen 75%,
-
längere
Zeit im Gedächtnis bleiben ca. 20 %.
Bei diesen
Versuchen hat sich auch gezeigt, dass erneutes Lernen weniger Zeit benötigt
als das erstmalige Lernen.
Diese Ergebnisse
gelten im Prinzip auch für sinnhaltiges Lernmaterial. Darum bedarf es
grundsätzlich geeigneter Verfahren, diesem Erosionsprozess
entgegenzuwirken. Die subjektive Bedeutung eines Lerngegenstandes und die
mit ihm verbundenen Emotionen tragen ganz erheblich dazu bei, das
Lernergebnis dauerhaft im Gedächtnis zu verankern.
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2.2
Wiederholen und Überlernen
Folgende
Aussagen können als empirisch gesichert gelten.
-
Lernen ist
nur durch Übung und Wiederholung möglich.
-
Wiederholungen,
die über einen längeren Zeitraum verteilt werden, sind wirksamer als
gehäuftes Lernen.
-
Wird bereits
Gelerntes wiederholt, spricht man von 'Überlernen'.
-
Einmaliges
Überlernen bringt keinen Gewinn.
-
Das
Wiederholen wird nicht so sehr durch den Zeitaufwand beeinträchtigt.
Abträglich ist vor allem die Langeweile, wenn immer wieder dasselbe in
immer wieder derselben Reihenfolge wiederholt wird.
-
Auch beim
Wiederholen sind Abwechslungen erforderlich, damit ein Anreiz zum Lernen
wirksam wird.
-
Gleichbleibende
Anordnung des Lernmaterials beeinträchtigt dessen zuverlässiges
Erlernen.
3.0
Hindernisse beim Lernen
3.1
Funktionelle Ursachen
Erfolgreiches
Lernen wird durch typische Konstellationen, die in der Lernsituation
enthalten sein können, beeinträchtigt. Die folgenden Phänomene sind
erstmalig 1900 beschrieben und durch aktuelle Forschungen bestätigt worden
(Hans-Joachim Markowitsch
2002, S. 159). Es handelt sich um die
-
retroaktive
Hemmung
Neues Lernmaterial verdrängt voraufgegangenes Lernmaterial und
hemmt die Erinnerung daran, wirkt also rückwärts.
-
proaktive
Hemmung
Altes Lernmaterial behindert die Aufnahme neuen Lernmaterials, wirkt
also nach vorn. Neues Lernmaterial wird weniger gut behalten als vorher
gelerntes.
-
assoziative
Hemmung
Hat sich ein Lernender falsche Informationen angeeignet, so fällt
es ihm besonders schwer, sich anschließend die richtigen Informationen
einzuprägen; die falsche Assoziation verdrängt zunächst die richtige.
Vor allem beim Erlernen von Vokabeln können
diese beiden Hemmungen einander verstärken. Beispiel: Das italienische
Wort 'caldo' ähnelt dem deutschen Wort 'kalt', bedeutet
jedoch 'heiß'.
-
Ähnlichkeitshemmung
Je ähnlicher zwei nacheinander gelernte Materialien einander sind,
desto stärker ist die gegenseitige Beeinträchtigung; sie wird auch als
Interferenz bezeichnet.
-
affektive
Hemmung
Steht ein Mensch unter dem Einfluss besonders starker Emotionen
Schmerz, Zorn, Angst, Trauer, aber auch Freude, so lernt er schwerer.
Die affektive
Hemmung leitet zum folgenden Problemkreis über.
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3.2
Hormonelle Ursachen
Existentielle
Bedrohungen wirken sich erheblich, dabei jedoch unterschiedlich auf das
Lernen aus. Einerseits prägen sich bedrohliche Erlebnisse dauerhaft bis hin
zur Traumatisierung ein. Andererseits behindern Bedrohungen und die von
ihnen ausgelöste Angst sowohl das Lernen als auch das Erinnern von
Inhalten. Die Ursachen dafür liegen in den hormonellen Abläufen des
Stressmechanismus.
Flaspig
formuliert: In der Bedrohungssituation werden blitzartig Energien
mobilisiert, die entweder für Flucht oder für Kampf nötig sind.
Nachdenken ist dabei hinderlich, deswegen wird das Gehirn biochemisch
abgeschaltet. Dieser urtümliche Mechanismus läuft auch dann ab, wenn die
Bedrohung nicht – wie damals in Savanne oder Taiga – von der Begegnung
mit einem wilden Tier ausgeht, sondern im sozialen Umfeld, z.B. in einer Prüfungssituation,
subjektiv erlebt wird.
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4.0
Didaktische Konsequenzen
4.1
Lerntechnische Ebene
Folgende
Lernhilfen können zu einer besseren Behaltensleistung beitragen:
-
Das
Nachbild des UZG lässt sich fixieren, wenn man es sich zur Gewohnheit
macht, alles bildlich Gesehene sofort in Worte das kann auch stumm,
subvokal geschehen zu fassen.
-
Im
KZG vorhandene Informationen können durch wiederholtes Memorieren, vor
allem stummes Sprechen fixiert und in das LZG überführt werden. Wie
die Vergessenskurve von Ebbinghaus
zeigt, sind dazu mehrfache Durchgänge notwendig.
-
Die
Grenze zwischen KZG und LZG scheint fließend. Die Fixierung im LZG
gelingt besser und schneller, wenn dazu gibt es von Lernsituation zu
Lernsituation die unterschiedlichsten Möglichkeiten Assoziationsmöglichkeiten
geschaffen und genutzt werden, ferner, wenn die Sinnhaltigkeit und
Bedeutsamkeit genutzt oder, soweit nicht von vornherein sichtbar,
angebahnt wird.
-
Hilfreich
ist auch die Überblick schaffende Systematisierung von
Einzelinformationen durch Superzeichenbildung (für Begriff und
Funktion vgl. die gleichnamige
Webseite. Von
besonderer Bedeutung für erfolgreiches Lernen ist die Nutzung
bildlicher Vorstellungen.
-
Die
Steuerung des Lernprozesses sollte durch geeignete methodische Maßnahmen
die »entscheidenden
drei Sekunden« des UZG wahrnehmen und nutzen.
-
Die
Reihenfolge, in der Lerngegenstände dargeboten werden, sollte die oben
vorgestellten Hemmnisse vermeiden oder doch wenigstens berücksichtigen.
Grundsätzlich
gilt:
-
In
den ersten Tagen nach dem Erlernen eines Stoffes ist es besonders
wichtig, ihn zu wiederholen.
-
In
den folgenden Wochen und Monaten muss man einen Stoff immer seltener
wiederholen und kann dazu immer größere Stoffmengen bilden, bis er
schließlich vollständig beherrscht wird.
-
Bei
dieser Wiederholung kommt es vor allem darauf an, sicher Gelerntes
rechtzeitig aus dem Lernprozess auszusondern und sich nur dem nicht
beherrschten Lernstoff zu widmen.
Diese
Möglichkeit stellt die Lernkartei zu Verfügung. Eine
Verfeinerung des Verfahrens, das sich vor allem dann empfiehlt, wenn das
zu lernende Material wenig oder gar keine bereits bekannten oder
vorgelernten Elemente enthält, ist die Lernpatience.
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4.2
Emotionale Ebene
Für die
Gestaltung schulischen Lernens ist wichtig:
Schüler
sollen das Lernen – unbeschadet der damit verbundenen Mühen und
Anstrengungen – als lohnend und befriedigend erleben können. Um das möglich
zu machen, sollte Unterricht so angelegt werden,
-
dass
Lernen zu Erfolgen und Leistungen führt,
-
dass
Unterrichtssituationen nicht als bedrohlich empfunden werden.
Weiterführende
Hinweise zu diesen summarischen Empfehlungen finden Sie auf folgenden
Webseiten:
5.0
Literaturgrundlage
-
Die
Literaturnachweise für diese Webseite 5
sowie die weiteren Webseiten dieses
thematischen Bereiches
finden Sie hier.
-
Ein
zusammenfassendes Literaturverzeichnis
für die Themengruppe »Lernen –
Voraussetzungen, Möglichkeiten, Probleme«
finden Sie hier.
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Ausgearbeitet
von: Dr.
Manfred Rosenbach - letzte Änderung
am: 04.09.18
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