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Emotion
und Lernen
Übersicht
1.0 Das Problemfeld
2.0 Gefühle und Lernen in der Schule
2.1 Sachverhalte
2.2 Folgerungen
2.3 Einstellung zu Emotionen
2.4 Regulierung von
Emotionen
3.0 Literaturgrundlage
1.0
Das Problemfeld
„Lernen
muss Spaß machen.“
Diese
geradezu modische Formel – oft auch mit dem kurzem »a« des
Szene-Deutschs als »Spass« gesprochen – ist überall zu hören und zu
lesen. Sie zielt zu kurz und muss dennoch ernst genommen werden. Denn die
wahre Freude ist – nach einem Bonmot des Philosophen SENECA – eine
ernste Sache.
Einsichtige
und lebenskluge Lehrer und Erzieher wußten schon immer, dass Lernen unter
anregenden, ermutigenden oder überhaupt positiven Bedingungen erfolgreicher
verläuft als unter Druck, Zwang und Einschüchterung. Inzwischen
untermauern die Ergebnisse der neurobiologischen Forschung (vgl. dazu die
Webseite "Das Gedächtnis - II. Lernen und - Vergessen", Nr.
4.2) diesen Standpunkt
und haben den Ansatz der »Neuropädagogik« bzw. »Neurodidaktik« ausgelöst.
Dort wird Emotionen und ihrem Einfluss auf das Lernen besondere Bedeutung
zugeschrieben.
Seit
einiger Zeit hat sich auch die psychologische Forschung des Themas »Emotion
und Lernen« angenommen. Andreas KRAPP charakterisiert in seiner
Einleitung in den Thementeil von Heft 5/2005 (S. 603 – 609) der
Zeitschrift für Pädagogik die Forschungsrichtungen und -schwerpunkte der Pädagogischen
Psychologie. Nüchtern und kritisch kommt er zu dem Ergebnis, dass
Theoriebildung und erst recht empirische Forschung die Frage, welche
Bedeutung die Emotion im Lernprozess hat, zugunsten anderer Schwerpunkte wie
Kognition und Motivation weitgehend vernachlässigt haben. Die Webseiten
dieses thematischen Bereiches bilden diesen Sachverhalt eindrucksvoll ab.
Tina
HASCHER (2005, S. 610) stellt demgegenüber fest,
„dass
nicht nur Kognition und Motivation Handlungen steuern und regulieren,
sondern auch die Gefühle:
-
Emotionen
beeinflussen die Aktivierung und die Antriebskraft eines Menschen,
-
Emotionen
beeinflussen motivationale Orientierungen und Absichten und
-
Emotionen
sind Schaltstellen für kognitive Prozesse.“
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2.0
Gefühle und Lernen in der Schule
2.1
Sachverhalte
Für das
Lernen in der Schule ist dieser Sachverhalt bedeutsam, denn
-
schon
in den ersten Schuljahren nimmt das Erleben positiver Gefühle
kontinuierlich ab,
-
wird
der Schulalltag oftmals von dem Erleben unangenehmer Gefühle bestimmt,
-
ist
Langeweile ein im Unterricht häufig erlebtes Gefühl (a.a.O. S. 610).
Die
Stimmungsforschung nennt für den Einfluß von Gefühlen auf Kognition,
Emotion und Handeln vier mögliche Erklärungen (a.a.O., S. 612):
-
Stimmungskongruenz
Stimmungen beeinflussen die Auswahl von Informationen aus einem
Zusammenhang. Gefühl und Auswahl stimmen überein: angenehme Aspekte
bei positiven Gefühlen und unangenehme Aspekte bei negativen Gefühlen.
-
Informationsverarbeitung
Stimmungen sind mit unterschiedlichen Arten der
Informationsverarbeitung verknüpft. Negative Gefühle fördern
analytisches Denken, positive Gefühle erleichtern
intuitiv-ganzheitliche Denkmuster.
-
Informationspotential
Positive oder negative Stimmung ist selbst eine Informationsquelle.
Positive Stimmung bedeutet eine sichere Situation und fördert die
Aufnahme von Informationen.
-
Stimmungserhalt
Wer positive Gefühle erlebt, möchte sie aufrechterhalten. Deshalb
wählen Individuen vorzugsweise Aufgaben, deren Lösung Erfolg
versprechen und vermeiden solche, die ihre positiven Gefühle gefährden
könnten.
Keiner
dieser Ansätze darf jedoch bevorzugt werden, zumal es noch weitere
Einflussgrößen gibt. Ferner bestehen Wechselwirkungen – nicht nur
zwischen Emotion und Motivation, sondern auch zwischen Emotion und Lernen.
Diese Tatsache schließt einfache Erklärungsmuster aus.
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2.2
Folgerungen
Der
Zusammenhang zwischen Emotionen und Lernen ist nicht so einfach und
eindeutig, wie es plakative Aussagen zum Thema nahe legen. Die
entsprechenden Wirkungen sind komplex und können z.T. sogar paradox sein.
So fördert
keineswegs jedes positive Gefühl das Lernen. Umgekehrt beeinträchtigt
nicht jedes negative Gefühl das Lernen. HASCHER beschreibt (a.a.O., S. 621)
eine Reihe von Sachverhalten, deren Kausalbeziehungen näher untersucht
werden müssten.
-
Emotionen
wirken nicht zwangsläufig direkt auf das Lernergebnis. Sie beeinflussen
andere psychische Prozesse wie Motivation, Handlungskontrolle und
Lernverhalten, die ihrerseits auf die Lernleistung einwirken.
-
Weder
hemmen negative Emotionen zwangsläufig das Lernen, noch wirken
angenehme Gefühle stets positiv auf das Lernen. Positive und negative
Gefühle führen nicht unbedingt zu gegensätzlichen Effekten, sondern können
zumindest kurzfristig gleichartige Effekte auslösen. Doch inwieweit
sind diese Effekte für Lernen funktional?
-
Die
Wirkung von Emotionen ist durchaus von den Ereignissen abhängig, die
sie ausgelöst haben. Das zwingt zu zwei Fragen:
o Unter welchen Bedingungen entstehen positive, das Lernen fördernde
Emotionen?
o Wie können diese im Unterricht gezielt gefördert werden?
Ein charakteristisches Beispiel könnte die Genugtuung sein, die bei den
meisten Menschen die gelungene Bearbeitung einer anspruchsvollen
Lernaufgabe auslöst – das. sog. »Flow«-Erlebnis.
KRAPP
weist darauf hin (2005, S. 639 f.), daß schon allein die unterschiedlichen
Konnotationen des Begriffes »Wohlbefinden« eindeutig gültige Aussagen
ausschließen. Er
misst "dem positiven emotionalen Erleben in Erziehung und Unterricht
großes Gewicht" bei. Dennoch komme es
-
"nicht
einfach auf ein unspezifisches Wohlfühlen oder eine generell freudvolle
Stimmung" an,
-
sondern
"auf ganz bestimmte theoretisch begründbare Kategorien und
Qualitäten des emotionalen Erlebens".
2.3
Einstellung zu Emotionen
HASCHER
(a.a.O., S. 621) vermutet zutreffend, dass die Emotionen, die Lernende
empfinden, sowohl den Lehrpersonen als auch den Mitschülern häufig
verschlossen bleiben. Schule und Unterricht stellten einen Kontext dar, der
Emotionen im Unterricht eher unterdrückt denn aktiv bearbeitet. Gerade
deswegen muss dem Umgang mit Emotionen in der Schule besondere
Aufmerksamkeit gewidmet werden.
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2.4
Regulierung von Emotionen
Auf der
Grundlage von aktuellen Forschungsergebnissen beschreibt HASCHER (a.a.O., S.
617) zehn Strategien, um negative Gefühle zu bewältigen, und drei
Strategien, um positive Gefühle aufrechtzuerhalten.
Bewältigung
negativer Gefühle:
-
Ablenken,
-
Neubewertung
des erlebten Ereignisses,
-
Problemlösung
bzw. künftige Problemvermeidung,
-
Selbstbelohnung,
-
physische
Ersatzbefriedigungen,
-
soziale
Unterstützung,
-
Abregieren
des Gefühls,
-
Unterdrückung
des Gefühls,
-
Vergleich
mit noch schlechteren Situationen,
-
Rückzug.
Aufrechterhaltung
positiver Gefühle:
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3.0
Literaturgrundlage
Der
vorstehende Text beruht im Wesentlichen auf folgendem Aufsatz:
Weiterführende
Literatur zum Thema:
-
Tina
HASCHER
Wohlbefinden in der Schule
Münster 2004
-
dies.
(Hrsg.)
Schule positiv erleben
Erkenntnisse und Ergebnisse zum Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern
Bern 2004
-
Matthias
JERUSALEM – Reinhard PEKRUN
Emotion, Motivation und Leistung
Göttingen 1999
-
Andreas
KRAPP
Emotion und Lernen
Beiträge der pädagogischen Psychologie
Einführung in den Thementeil
Zeitschrift für Pädagogik 51 (2005) Nr. 5, S. 603 – 609
-
ders.
Das Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse
Ein Erklärungsansatz für die positiven Effekte von Wohlbefinden
und intrinsischer Motivation im Lehr-Lerngeschehen
Zeitschrift für Pädagogik 51 (2005) Nr. 5, S. 626 – 641
-
Heinz
W. KROHNE
Angst und Angstbewältigung
Stuttgart 1996
-
Doris
LEWALTER
Der Einfluß emotionaler Erlebensqualitäten auf die Entwicklung der
Lernmotivation in universitären Lehrveranstaltungen
Zeitschrift für Pädagogik 51 (2005) Nr. 5, S. 642 – 655
-
Jens
MÖLLER – Olaf KÖLLER (Hrsg.)
Emotionen, Kognitionen und Schulleistung
Weinheim 1996
-
Reinhard
PEKRUN – Ulrich SCHIEFELE
Emotions- und motivationspsychologische Bedingungen der Lernleistung
in:
Franz E. WEINERT
Psychologie des Lernens und der Instruktion
Enzyklopädie der Psychologie
Themenbereich D, Praxisgebiete
Ser. 1, Pädagogische Psychologie, Bd. 2
Göttingen 1996, S. 153 - 180
-
ders.
Schüleremotionen und ihre Förderung
Ein blinder Fleck der Unterrichtsforschung
Erziehung und Unterricht 45 (1998) S. 230 – 248
-
Ulrich
SCHIEFELE – Reinhard PEKRUN
Psychologische Modelle des fremdgesteuerten und selbstgesteuerten
Lernens
München 1993
Hier werden nur
die Titel genannt, auf die im vorstehenden Text direkt verwiesen wird.
Die
Literaturnachweise für die weiteren Webseiten dieses
thematischen Bereiches
finden Sie hier.
Ein
zusammenfassendes Literaturverzeichnis
für die Themengruppe »Lernen – Voraussetzungen, Möglichkeiten, Probleme«
finden Sie hier.
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Ausgearbeitet
von: Dr.
Manfred Rosenbach - letzte Änderung
am: 15.01.08
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