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Korrektur und Bewertung von Klassenarbeiten

1.0 Der Problemhorizont

Klassenarbeiten sind nach wie vor ein zentrales Instrument der schulischen Leistungsüberprüfung. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass in der Lehrerschaft sehr unterschiedliche Korrekturverfahren verwendet werden und insbesondere die darauf beruhende Leistungsbewertung problematischen Schwankungen unterliegt.

An dieser Stelle kann die Frage unerörtert bleiben, ob und inwieweit eine objektive Leistungsbewertung überhaupt möglich ist. Sie finden dazu vertiefende Informationen auf der Webseite „Das Problem der Objektivität".

Unabhängig davon sollte der einzelne Lehrer Verfahren kennen und handhaben, die die Unterrichtsergebnisse möglichst zuverlässig (reliabel) untersuchen und gültige (valide) Leistungsbewertungen erlauben. Diese Begriffe werden auf der Webseite „Gütekriterien: Reliabilität und Validität" näher erläutert. Hier genügt folgender Grundsatz:

Das Verfahren der Leistungsbewertung sollte im Rahmen des Unterrichtszusammenhanges formal möglichst genau sein und
inhaltlich wirklich das messen, das es messen soll.

Zur Erreichung dieses Zieles sind geeignete Handlungskonzepte erforderlich.
Hier werden einige Möglichkeiten vorgestellt.

2.0 Bewertungsmodelle

Untersuchungen der Bewertungspraxis von Lehrern (Willy WOLF 1984) haben gezeigt, dass sich zwei grundlegende Typen von Bewertungsverfahren unterscheiden lassen:

  • Richtlinien-Modelle
  • Maßstab-Modelle

Richtlinien-Modelle werden insbesondere dann verwendet, wenn komplexe Leistungen erwartet werden, die von dem Lehrer als schwer zu quantifizieren angesehen werden.

Maßstab-Modelle werden für Schülerleistungen verwendet, die als leichter zu quantifizieren gelten; deshalb liegen ihnen detailliertere Formen der erwarteten Schülerleistung zugrunde. Hier sind zwei Grundformen zu unterscheiden:

  • Punkte-Modelle
  • Fehler-Modelle.

2.1 Richtlinien-Modelle

Die erwartete Schülerleistung wird nur grob festgelegt. Die Einzelleistung wird meist subtraktiv bewertet, als also Zurückbleiben hinter der Erwartung. Die Bewertung orientiert sich mithin am Verfehlen einer Norm.

Die Erwartungen lassen sich im Allgemeinen nicht isoliert formulieren, so dass immer ein Erwartungsbündel vorliegt. Damit ergeben sich Gewichtungsprobleme.

2.2 Maßstab-Modelle

2.21 Punkte-Modelle

Hier sind zwei Verfahren zu nennen:

  • additives Punkte-Modell
    Für die Gesamtleistung wird eine maximale Punktzahl festgelegt. Die Bewertung der Leistung des einzelnen Schülers beruht also auf der Summe der richtigen Teilleistungen.

Im Einzelnen sind folgende Fragen zu bedenken:
- Wird die einzelne Aufgabe insgesamt bewertet oder noch in Teilleistungen zerlegt?
- Wird lediglich Richtiges bewertet
   oder führen falsche Bearbeitungen zu Punktabzügen?

  • subtraktives Punkte-Modell

Hier führen falsche Teilleistungen zu Punktabzügen. Das Verfahren entspricht also dem Vorgehen im Richtlinien-Modell.

Obwohl sich die Gewichtungsfrage in beiden Modellen mit gleicher Schärfe stellt, dürfte es im Allgemeinen leichter fallen, die erbrachte Leistung zu quantifizieren als die Differenz zwischen Leistungserwartung und tatsächlicher Leistung.

2.22 Fehlermodelle

In Fehlermodellen sind die ausgezählten Fehler Grundlage für die Bewertung.
Zu unterscheiden sind

  • einfaches Fehlermodell
  • Index-Fehler-Modell.

Die Fehlerzahl ist im ersten Fall die unmittelbare Bewertungsgrundlage, im zweiten Fall wird sie zu einer anderen gezählten Größe (z. B. der Wortzahl eines Textes) in Beziehung gesetzt und erst dann gewertet.

3.0 Die Ermittlung der Note

Wird das Richtlinien-Modell verwendet, so kann die Note unmittelbar festgesetzt werden. Bei den Punkte- und Fehler-Modellen muss zunächst über die Zuordnung von Punkt- bzw. Fehlerintervallen zu Notenstufen entschieden werden.

Für diese Entscheidung ist es bedeutsam, ob vorgegebene Anforderungen oder die Leistungsfähigkeit der Lerngruppe als Bezugssystem dienen, wieweit der Schwierigkeitsgrad berücksichtigt werden soll, ferner ob ein Verteiler für die Zuordnung zu den einzelnen Notenstufen zu beachten ist. Vertiefende Informationen dazu finden Sie auf der Webseite „Die Bezugsnormen der Leistungsbewertung".

In der Praxis kommt es wesentlich darauf an, die Leistungsbewertung  grundsätzlich an den für Schulzweig und Klassenstufe vorgegebenen Leistungsforderungen zu orientieren. Dabei sind jedoch die Leistungsfähigkeit der Lerngruppe und den Schwierigkeitsgrad der Klassenarbeit (nicht nur Überforderungen, sondern auch Unterforderungen kommen vor), angemessen zu berücksichtigen. Für die Einzelheiten wird auf die Webseiten „Schriftliche Lernerfolgskontrollen" und Ausführungsvorschriften zur Leistungsbeurteilung" verwiesen.

Generell sollte die Note für die einzelne Arbeit erst festgesetzt werden, wenn die Korrektur aller Arbeiten abgeschlossen ist. Ebenso wie eine schematische Zuordnung zu Notenstufen verbietet sich jedoch beliebiger Umgang mit der Zuordnung zu Notenstufen. Im Einzelfall kann es für eine überzeugende Notengebung erforderlich werden, z. B. bei engliegender Punktzahl einer Reihe von Arbeiten, die Abgrenzung zwischen zwei Notenstufen entsprechend den konkreten Gegebenheiten zu modifizieren.

4.0 Kriterien für die Auswahl eines Bewertungsmodells

Keines der aufgeführten Modelle wird sämtlichen Erfordernissen einer sorgfältigen Leistungsbewertung gerecht. Zwischen den spezifischen Bedingungen der einzelnen Fächer bestehen beachtliche Unterschiede, innerhalb der Fächer können unterschiedliche Erfordernisse aus den jeweiligen Arbeitsgebieten folgen.

Deshalb verbietet sich eine schematische Anwendung der Bewertungsverfahren. Im Übrigen kann die sinngemäße Anwendung und Abwandlung der in den 'Ausführungsvorschriften über Prüfungsanforderungen im Abitur (AV-PA)' vorgestellten Verfahren nützlich sein.

Ausgearbeitet nach

  • Willy WOLF
    Beurteilungsmodelle bei Klassenarbeiten
    Zeitschrift für Pädagogik 30 (1984), 115 - 13O.

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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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