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Ausarbeitung schriftlicher Lernzielkontrollen

1.0 Der Problemhorizont

In der einschlägigen Literatur (z. B. GAUDE-TESCHNER, 19733, S. 25 ff., neuerdings INGENKAMP, 1985, S. 130 ff.) wird als ein Verfahren für eine objektivere oder überhaupt leistungsfähigere Lernerfolgskontrolle der Informelle Test vorgeschlagen. Übersichtliche und praxisnahe Vorschläge zu deren Ausarbeitung formuliert Jürgen WENDELER, Standardarbeiten, Weinheim 1971.

Informelle Tests bestehen aus einer Anzahl sorgfältig formulierter und inhaltlich strukturierter Aufgaben, die sich auf wohldefinierte und möglichst repräsentative Lernziele eines bestimmten Unterrichtsabschnittes beziehen.

Informelle Tests sind herkömmlichen Klassenarbeiten nicht nur deswegen überlegen, weil sie präziser auf die Lernziele des Unterrichtsabschnittes abgestimmt sind, dessen Ergebnisse sie überprüfen. Insbesondere machen es die zu ihrer Auswertung entwickelten Verfahren möglich, Kenntnisse, Erkenntnisse und Fertigkeiten des einzelnen Schülers zuverlässiger und gültiger zu erfassen als mit herkömmlichen Methoden.

Eine detaìllierte und begründende Beschreibung des Verfahrens geben GAUDE-TESCHNER (a. O., S. 98 ff.: eine vereinfachte Beschreibung, die sich für die Praxis des einzelnen Lehrers eignet, stammt von Günther F. SEELIG (in: Ulrich-J. KLEDZIK, Unterrichtsplanung, Auswahl Reihe B 22, Hannover 1969, S. 243 ff.). Die aktuelle Fassung des Verfahrens findet sich bei INGENKAMP (1985, S. 131 ff.); seine Grundzüge werden auf der Webseite „Auswertung objektivierter Tests" vorgestellt.

Unter den Bedingungen des täglichen Unterrichts wird es oft nicht möglich sein, den mit Konstruktion, Auswertung und Revision von Informellen Tests verbundenen Arbeitsaufwand zu leisten. Dennoch lassen sich aus den entsprechenden Anleitungen Anregungen gewinnen, so dass ohne unangemessen hohen Aufwand die Entwicklung oder Verbesserung von Lernleistungstests möglich wird, die sich als eine Form der schriftlichen Lernerfolgskontrolle empfehlen.

Diese Webseite stellt im Anschluss an Theodor RÜTTER (1973) eine Typologie von Testaufgaben vor. Der Verfasser hofft, mit dieser Information zu vielfältigerer Gestaltung von Lernleistungstests anregen und/oder beitragen zu können. Der knappe Raum zwingt dazu, lediglich die Strukturmerkmale der einzelnen Testform zu beschreiben; Einzelheiten und didaktische Beispiele müssen dem Originaltext entnommen werden.

2.0 Die drei Arten von Aufgaben

Eine Testaufgabe enthält im Kern eine Frage, auf die eine Antwort erwartet wird.

Damit diese gegeben werden kann, ist in der Regel als Bezugspunkt eine Information nötig. Aus der Form, in der diese Information gegeben wird, lassen sich drei Arten von Aufgaben ableiten.

  • Offene Aufgaben
    Gibt man dem Probanden lediglich eine Information, ohne ihm Antwortmöglichkeiten zu nennen und ohne eine bestimmte Antwort zu erwarten, so handelt es sich um eine offene Aufgabe.
  • Halboffene Aufgaben
    Stellt man dem Probanden im Anschluss an eine Information eine Frage und erwartet man eine bestimmte Antwort, ohne Antwortmöglichkeiten vorzugeben, so handelt es sich um eine halboffene Aufgabe.
  • Geschlossene Aufgaben
    Stellt man dem Probanden im Anschluss an eine Information nicht nur eine Frage, sondern gibt man ihm auch Antwortmöglichkeiten vor, so handelt es sich um eine geschlossene Aufgabe.

3.0 Die Merkmale der drei Aufgabenarten

Bewertung und Einsatz der drei Aufgabenarten richtet sich nach der Unterrichtssituation, in der eine Lernzielkontrolle stattfindet, und dem didaktischen Zweck, den der/die Unterrichtende verfolgt.

Im folgenden wird versucht, für jede der drei Aufgabenarten didaktische Differenzierungsmöglichkeiten in typisierter Form vorzustellen. Informative Beispiele gibt RÜTTER.

3.1 Offene Aufgaben

  • Freie Gestaltungsaufgaben
    Die Aufgabe besteht in einem Thema, einem Problem oder einem Material, das erzählerisch, bildnerisch oder spielerisch gestaltet werden soll.
  • Freie Deutungsaufgaben
    Die Aufgabe besteht in einer ganzheitlichen, komplexen, mit vielfältigen Bedeutungen ausgestatteten Information, Situation, Problematik, die ausgewertet, ausgedeutet, interpretiert werden soll.
  • Freie Assoziationsaufgaben
    Die Aufgabe besteht in vereinzelten oder verbundenen, fragmentarischen oder geschlossenen Informationen. Sie wirken als Auslöser für persönliche Reaktionen.
    Didaktisch bedeutsam sind vor allem freie Assoziationen von Begriffen, Sätzen, Aussagen, Geschichten, Charakteristika, Bildsituationen.

3.2 Halboffene Aufgaben

  • Freiantwortaufgaben
    Im Anschluss an eine Frage - oder überhaupt einen Impuls - soll geantwortet werden. Das kann je nach Impuls mit einer Antwort, mit mehreren Antworten, mit einer Folge von Antworten, mit einer Sammelantwort, mit einer Komplexantwort geschehen.
  • Assoziationsaufgaben
    Die Aufgabe enthält Auslöser, zu denen selbst zu formulierende Elemente assoziiert werden sollen. Das kann je nach Impuls analog zu den o. g. Antwortformen geschehen.
  • Ergänzungsaufgaben
    Die Aufgabe enthält lückenhafte Information; die Lücken sollen mit selbst zu formulierenden Ergänzungen geschlossen werden. Das kann je nach Impuls analog zu den o. g. Antwortformen geschehen.
  • Substitutionsaufgaben
    Die Aufgabe enthält Elemente, die durch selbst zu formulierende Elemente ersetzt werden sollen. Das kann je nach Impuls analog zu den o. g. Antwortformen geschehen.
  • Aufbauaufgaben
    Aus vorgegebenen Elementen oder von ihnen ausgehend soll eine Information aufgebaut werden. Das kann je nach Impuls in Form einer Assoziation, einer Ergänzung, einer Substitution, einer Reduktion geschehen.
  • Umbauaufgaben
    Die Aufgabe enthält Informationen, die umgebaut werden sollen, indem gewisse Elemente der Information in eigener Gestaltung geändert werden. Das kann je nach Impuls durch eine Umformung, eine Stellungsumformung, einen Assoziationsumbau, einen Ergänzungsumbau, einen Substitutionsumbau, einen Reduktionsumbau, eine Umorientierung geschehen.

3.3 Geschlossene Aufgaben

  • Identifizierungsaufgaben
    Die Aufgabe enthält Elemente, die identifiziert werden sollen. Je nach Impuls kann es sich um eine Einfach-, Mehrfach- oder Reihenidentifizierung handeln.
  • Alternativaufgaben
    Die Aufgabe enthält Lösungsalternativen, von denen eine ausgewählt werden soll. Vorgegeben sein können ein oder mehrere Alternativenpaare, diese in Form gleichartiger oder unterschiedlicher Alternativenpaare.
  • Antwortauswahlaufgaben
    Die Aufgabe enthält ein Angebot von einer oder mehreren Lösungen sowie mehreren ablenkenden und zugleich falschen Antworten. Spielarten sind die Einfachantwortwahl, die Mehrfachantwortwahl, die Reihenantwortwahl (mit oder ohne Nennung der Antwortenzahl), die Sammelantwort.
  • Assoziationsauswahlantworten
    Die Aufgabe legt Assoziationen vor, unter denen zu wählen ist. Die Varianten entsprechen denen der Antwortauswahlaufgaben, jedoch ohne Sammelassoziation.
  • Ergänzungsauswahlaufgaben
    Die Aufgabe enthält Lücken, die geschlossen werden sollen. Die Varianten entsprechen denen der Antwortauswahlaufgaben, jedoch ohne Sammelergänzung.
  • Substitutionsauswahlaufgaben
    Die Aufgabe enthält Elemente, die durch andere vorgegebene Elemente ersetzt werden sollen. Die Varianten entsprechen denen der Antwortauswahlaufgaben.
  • Erweiterungsauswahlaufgaben
    Die Aufgabe enthält sinnvolle, vollständige Informationen sowie ein Angebot von neuen Elementen, mit denen die vorgegebenen Informationen sinnvoll erweitert werden sollen. Die Varianten entsprechen denen der Antwortauswahlaufgaben.
  • Zuordnungsaufgaben
    Die Aufgabe besteht aus zwei oder mehr Serien von Elementen. Elemente der einen Serie sind Elementen der anderen zuzuordnen. Es gibt vollständige und unvollständige Einfachzuordnungen bzw. Mehrfachzuordnungen. Im ersten Fall bleiben keine Elemente übrig, im zweiten werden nicht alle Elemente verknüpft.
  • Umordnungsaufgaben
    Die Aufgabe enthält Elemente, die durch Umstellung neue sinnvolle Informationen werden. Das kann ohne, aber auch mit Auswahlmöglichkeiten der Fall sein.
  • Stellvertreteraufgaben
    Hierbei handelt es sich um eine Spielart der Auswahlantwortaufgaben. Antwortauswahlen sind Stellvertreter für andere Aufgabenformen, und zwar für Reihenantwortwahlen, für Zuordnungen, für Umordnungen.
  • Mischtypen
    Wie Nr. 3.310 zeigt, sind die Übergänge zwischen den einzelnen Aufgabenformen fließend. Im übrigen sind auch absichtliche Kombinationen von Aufgabenformen möglich, z. B. Mehrfachergänzung mit Einfachantwortauswahl.

4.0 Zur Entscheidung über die Schwierigkeit der Aufgabe

Die Schwierigkeit von Testaufgaben hängt vom didaktischen Zweck des Tests ab. Im allgemeinen soll jede Aufgabe von der Hälfte der Probanden gelöst werden.

Will man die Erreichung der Lernziele prüfen, sollte jeder aufmerksame Lernende alle Aufgaben lösen können. Will man die Angemessenheit des Lehrziels ermitteln, folgt der Schwierigkeitsgrad allein aus der Sachstruktur des Unterrichtsstoffes.


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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