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Lernzielbeschreibung mit Indikatoren

Was leisten Indikatoren ?

Die Antwort auf diese Frage lautet:

  • Indikatoren machen es leichter, den Unterschied zwischen der Bestimmung von Lernzielen und deren Beschreibung in der didaktischen Praxis zu berücksichtigen.

  • Indikatoren machen es überhaupt erst möglich, anspruchsvolle, weil komplexe und abstrakte Lernziele zu setzen, ohne in unverbindlichen Absichtserklärungen zu verharren. Indikatoren nennen erwartete Ergebnisse eines Lernvorganges, ohne andere andere mögliche und ebenfalls erwünschte Ergebnisse auszuschließen. Somit werden Genauigkeit und Offenheit von didaktischen Planungen nicht zu Gegensätzen, sondern sie ergänzen einander.

  • Indikatoren sind außerdem die Voraussetzung dafür, sich in der Auswertung des Unterrichts zu vergewissern, ob und in welchem Grade Lernergebnisse erzielt worden sind. Vertiefungen dazu finden Sie auf der Webseite "Indizien für die Einschätzung von Lernergebnissen".

Zwei Beispiele

Diese Thesen werden an zwei Beispielen als schlüssig demonstriert. Das erste Beispiel stellt motorische Lernziele vor, das zweite abstrakt-kognitive.

Erstes Beispiel - Sport

Lernziele des Faches Sport eignen sich deswegen besonders gut dazu, sie zu beschreiben - zu operationalisieren - , weil Lernen hier immer eine Veränderung bzw. Verbesserung motorischer Fertigkeiten zum Ziel hat. Diese Fertigkeiten lassen sich präzise beschreiben und, wenn Lernen erfolgreich war, auch beobachten.
     Zugleich lässt sich der Unterschied zwischen der angestrebten Verhaltensdisposition einerseits und der beobachtbaren Wirkung eines Lernvorganges andererseits exemplarisch sichtbar machen; vgl. dazu die Webseiten „Der Begriff Lernziel", „Was ist Lernen?" und vor allem „Bestimmung und Beschreibung von Lernzielen".
     Der folgende Lernzielkatalog dient dazu, diesen Unterschied zu demonstrieren. Er ist also nicht als Vorbild für die Abfassung von Entwürfen im Fache Sport gedacht. Konkrete Anregungen für die Formulierung von Indikatoren erhalten Sie auf der Webseite "Verben für die Bildung von Indikatoren".

Der  Lernzielkatalog

Thema: Fußball - Ballannahme und Ballmitnahme

Stundenziel
Die Schüler erlernen bzw. verbessern ihre balltechnischen Fertigkeiten der Ballannahme und Ballmitnahme mit dem Fuß und der Brust in der Bewegung.

Teilziele
Die Schüler ...

1. aktivieren ihr Herz-Kreislauf-System.
- Sie atmen schnell und tief, haben gerötete Gesichter, schwitzen.
2. üben und verbessern das Zuspiel zum Mitspieler.
- Sie spielen den Ball mit Innenseitstoß dem laufenden Mitspieler zielgenau zu.
3. erkennen Bedeutung und Merkmale der Ballannahme und Ballmitnahme in der Bewegung.
- Sie nennen die kontrollierte Ballannahme und Ballmitnahme als Voraussetzung für die
  Vermeidung von Ballverlusten im Spiel.
- Sie geben an, dass der gespielte Ball im Lauf mit der Innen- und Außenseite des Fußes
   oder mit der Brust an- und mitgenommen werden kann.
4. können den im Lauf gespielten Ball an- und mitnehmen.
- Sie nehmen den Ball mit der Innen- oder Außenseite des Fußes oder mit der Brust an
   und nehmen ihn in Laufrichtung mit.
5. können den angenommenen Ball durch eine Körperdrehung abschirmen und in die
veränderte Laufrichtung mitnehmen.
- Sie drehen sich nach der Ballannahme über das Spiel- oder Standbein, schirmen so
  den Ball mit dem Körper ab und nehmen ihn in die geänderte Laufrichtung mit.
6. festigen Ballannahme und Ballmitnahme im Spiel.
- Sie zeigen ein im Vergleich mit zurückliegenden Übungsstunden sichereres
   Spielverhalten, das sich vor allem in flüssigeren Bewegungsabläufen und
   selteneren Ballverlusten abbildet.

Zweites Beispiel - Textuntersuchung

Der folgende Lernzielkatalog zeichnet sich durch konsequente Verknüpfung der Verhaltens- mit der Inhaltsdimension aus. Das Thema der Stunde ist exemplarisch für kognitiv-abstrakte Lernziele. Deshalb lassen sie sich nur als Verhaltenspositionen bestimmen. Um sie zu beschreiben. also zu operationalisieren, ist es unerlässlich, Indikatoren zu bilden. Ihre Formulierung macht zusätzlich die taxonomischen Stufen 'Kennen, Verwenden, Urteilen' deutlich, arbeitet also Rang und Art der erwarteten kognitiven Leistungen heraus. Der Umfang des Kataloges ist durch eine Doppelstunde begründet.

Der Lernzielkatalog

Thema: Das synoptische Problem der Evangelien nach Matthäus, Markus und Lukas
            (Religion, Oberstufe)

Erläuterung:

Die Evangelien nach Matthäus, Markus und Lukas stimmen an vielen Stellen im Wortlaut oder inhaltlich überein. Das kann durch parallelen Druck in einer sog. Synopse sichtbar gemacht werden. Übereinstimmungen und Unterschiede der Texte sind zentraler Forschungsgegenstand der theologischen Wissenschaft, weil sie Rückschlüsse auf die Entstehungsgeschichte der Evangelien zulassen. Die Abkürzungen Mt, Mk und Lk bezeichnen die drei genannten Evangelisten. Falls Sie hier den vierten Evangelisten, Johannes, vermissen - sein Evangelium steht als eingenständiger Text au0erhalb der sog. Synoptiker.

Stundenziel
Die Schüler kennen wichtige Fragestellungen und Lösungsansätze des synoptischen Problems.

Teilziele
Die Schüler ...

1. kennen den Aufbau einer Synopse.
- Sie tragen vor,
   o dass Mt, Mk, Lk parallel gedruckt sind;
   o dass die einzelnen Abschnitte mit modernen Überschriften versehen sind.
2. wissen, dass Mt, Mk und Lk bzw. Mt und Lk innerhalb einzelner Perikopen (d.h. Textabschnitte) einerseits wortwörtlich übereinstimmen, sich andererseits nicht unerheblich von einander unterscheiden.
- Sie ermitteln aus einem synoptischen Vergleich von Mk 1,12 f. parr. u.a. folgende Fakten:
   o Mt, Mk, Lk stimmen im ersten Teil des Textes in den Begriffen 'Geist', '40 Tage',
      Wüste' überein,
   o Mt und Lk stimmen im zweiten Teil des Textes stark überein,
   o Mt hat das Zitat am Ende des Textes erweitert.
3. erkennen, dass die synoptischen Evangelien aus Stücken verschiedener Vorlagen bestehen.
- Sie leiten aus den ihnen vorgelegten Tabellen durch Vergleich und Interpretation u.a.
  folgende Einsichten ab:
   o Mt und Lk sind bedeutend umfangreicher als Mk,
   o Mt und Lk haben gemeinsam über Mk hinausgehende Verse,
   o die Synoptiker enthalten unterschiedlich viel Sondergut.
4. schließen auf die Existenz einer Zwei-Quellen-Theorie.
- Sie fassen die bisherigen Erkenntnisse über die Synoptiker zu Thesen zusammen und
   beurteilen den Befund; sie tragen u.a. vor:
   o Mk ist die gemeinsame Vorlage für Lk und Mt,
   o Lk und Mt haben eine weitere gemeinsame Quelle,
   o Lk und Mt haben den ihnen vorliegenden Stoff durch Sondergut aufgefüllt.
5. folgern auf dieser Grundlage, dass Mt und Lk dem Mk-Aufriss folgen.
- Sie vergleichen die Synoptiker untereinander und mit Joh; sie tragen u.a. vor:
   o Mk und die anderen Synoptiker gehen nur von wenigen Monaten
      der öffentlichen Wirksamkeit Jesu aus,
   o Mk gibt für die anderen Synoptiker den Aufriss vor.

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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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