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Was nicht gelehrt
und nicht gelernt werden darf
- Eine Handreichung -
Übersicht
1.0 Das Problem
2.0 Die Kriterien
3.0 Die Kernfrage
3.1 Welche didaktischen Absichten dürfen
nicht verfolgt werden?
3.2 Welche didaktischen Absichten
sind unzulässig
4.0 Pädagogische Freiheit und Verantwortlichkeit
1.0 Das Problem
Gibt es auch Inhalte und Gegenstände,
die in der öffentlichen Schule einer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung nicht
gelehrt und gelernt werden dürfen?
Vor dieser Frage kann
jeder Lehrer, jede Lehrerin stehen.
Eine Antwort ist erforderlich,
doch kann sie weder generell noch einfach ausfallen.
Inhalte und Lerngegenständen wählt der
einzelne Lehrer gemäß Rahmenplan in eigener verantwortlicher Entscheidung aus. Dazu
eignet sich das Instrument der didaktischen Analyse,
weil mit seiner Hilfe auch die Kriterien ermittelt werden können, die gegen die
Behandlung eines Inhaltes oder Gegenstandes sprechen.
Weil zwischen der staatlichen Organisationsbefugnis für
das Schulwesen gemäß Art. 7 GG und dem Erziehungsrecht der Eltern
gemäß Art. 6 GG ein generelles Spannungsfeld besteht, sind im Einzelfall Problemlagen
und Konfliktsituationen möglich. Deshalb scheint es nützlich, Kriterien zu entwickeln,
die über die Checklisten der Didaktischen Analyse hinausgehen und eine Entscheidung
erleichtern.
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2.0 Die
Kriterien
Dazu werden folgende
Überlegungen in Thesenform vorgetragen.
1. |
Generell
geltende Kriterien, nach denen ein Inhalt als solcher von vornherein kein Gegenstand von
Unterricht sein darf, sind nicht ersichtlich. |
2. |
Dennoch
müssen folgende Bedingungen für die Auswahl und Behandlung von Inhalten beachtet werden,
weil sie für den Unterricht grundlegende Bedeutung haben: - Die verbindlich vorgegebenen Inhalte müssen
bearbeitet werden.
- Ein Inhalt darf nicht sachlich fehlerhaft sein oder bleiben.
- Ein Inhalt muss dem geistigen, seelischen körperlichen und sozialen Reifestand
der Schüler angemessen sein und deren Verständnis zugänglich sein.
- Die Verfahren des Lehrens und Lernens müssen dem Inhalt und
der Lernsituation entsprechen. |
3. |
Darüber
hinaus ist die didaktische Absicht entscheidend, ob es notwendig, zweckmäßig oder
zulässig ist, einen bestimmten Inhalt zu behandeln. Erst die Absicht lässt Inhalte in
einer bestimmten Weise didaktisch und erzieherisch wirksam werden. |
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3.0 Die
Kernfrage
3.1 Welche
didaktischen Absichten dürfen nicht verfolgt werden?
Mithin ist die Ausgangsfrage zu
modifizieren und wie folgt zu stellen:
Welche didaktischen
Absichten
dürfen bei der Behandlung von Inhalten nicht verfolgt werden?
Vor einer Antwort ist zu untersuchen,
worin didaktische Absichten bei der Behandlung eines Inhaltes bestehen können. Dazu zwei
Beispiele.
Es ist möglich, im Unterricht das
Deutschlandlied" von Hoffman von FALLERSLEBEN
- als Bekenntnis einer gemeinsamen
Überzeugung zu singen,
- als historisches Dokument auf Inhalt,
Sprachform, Aussage, Absicht zu untersuchen,
- als Beispiel für missbräuchliche
massenpsychologische Lenkung heranzuziehen,
- als Ausdruck nationalistischer
Unduldsamkeit, politischer Überheblichkeit und Anmaßung oder chauvinistischen
Machtanspruchs erkennen zu lassen.
Es ist möglich, ein Gedicht von
Erich FRIED
- als zutreffende Beschreibung unserer
gesellschaftlichen Verhältnisse,
- als mögliche Beschreibung unserer
gesellschaftlichen Verhältnisse,
- als Ausdruck eines subjektiven Irrtums in
der Beurteilung unserer gesellschaftlichen Verhältnisse,
- als Ausdruck einer persönlichen
Problematik, die mehr über den Autor als über unsere gesellschaftlichen Verhältnisse
aussagt,
- als unqualifizierte und unerhebliche
Beschreibung unserer gesellschaftlichen Verhältnisse
im Unterricht einzusetzen.
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3.2 Welche
didaktischen Absichten sind unzulässig?
Didaktische Absichten sind dann verfehlt,
wenn sie
- das Gewissen der Schüler pädagogisch
bedenkenlos belasten, indem sie ihnen z.B. einen Konflikt mit dem Konsens im Elternhaus
zumuten,
- das Ziel verfolgen, Schüler zu
rechtswidrigem Verhalten zu veranlassen,
- ohne Selbstkritik mit dem Anspruch
absoluter Gültigkeit geltend gemacht werden, so dass sie entgegengesetzte oder
ergänzende Positionen unterdrücken, verschweigen, herabsetzen oder lächerlich machen,
- die positive Bewertung der Leistungen an
die Bedingung knüpfen, sich den Standpunkt des Lehrers zu Eigen zu machen,
- sich gegen die gemeinsamen
Wertvorstellungen unserer Gesellschaft richten, wie sie im Grundgesetz für die
Bundesrepublik Deutschland kodifiziert sind, statt sie didaktisch bewusst zu machen und
erzieherisch zur Geltung zu bringen.
Das gilt auch dann, wenn die oben unter
Nr. 2 genannten Bedingungen erfüllt sind, denn diese zwar erfüllt sein, sind aber nicht
hinreichend.
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4.0
Pädagogische Freiheit und Verantwortlichkeit
Die vorstehenden Ausführungen
beschränken sich auf die didaktische Problematik. Sie freilich ist eng mit der
Tatsache verwoben, dass der pädagogischen Freiheit des Lehrers die Bindung an Gesetz und
Recht, also seine Verantwortlichkeit, gegenübersteht. Eine Kurzinformation zu dieser
Thematik finden Sie auf der Webseite Dienstpflichten"
unter
Nr. 7. Ausführliche Erörterungen finden Sie in der Themengruppe Die Schule im freiheitlich-demokratischen
Rechtsstaat". Besonders hingewiesen wird auf die folgenden Webseiten
"Der Vorbehalt des
Gesetzes"
"Der
Erziehungsauftrag der Schule und seine verfassungsrechtliche Legitimation"
"Die
Neutralitätspflicht des Staates"
"Die rechtliche
Korrektheit schulischer Entscheidungen"
Ausgearbeitet im Anschluss an einen
Aufsatz von Job-Günter KLINK, Welche Inhalte dürfen in der
öffentlichen Schule nicht Gegenstand des Lehr- und Lernprozesses sein. Die Deutsche
Schule 1978, H.12, S. 713 ff.
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Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 15.01.08
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