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Grundfragen der Motivation

Übersicht
1.0 Motiv und Motivation
2.0 Grundsituationen des menschlichen Lebens
3.0 Ansätze zum Verständnis von Motivation
     3.1 Triebtheoretischer Ansatz
     3.2 Neugier
     3.3 Anreiztheoretische Auffassungen
     3.4 Entscheidungs- und handlungstheoretischer Ansatz
     3.5 Die leistungsthematische Grundsituation
4.0 Ein Prozessmodell der Motivation
5.0 Literaturgrundlage

1.0 Motiv und Motivation

Das Verhalten von Personen kann weder grundsätzlich noch in aktuellen Situationen allein als Reaktion auf Reize interpretiert werden. Gleiche Bedingungen rufen unterschiedliche Handlungen hervor. Also muss es in der Persönlichkeitsstruktur liegende Gründe geben, die das Verhalten von Individuen bedingen.

Diese Gründe werden als Motive bezeichnet. Motive kennzeichnen relativ stabile Handlungstendenzen einer Person in bestimmten Grundsituationen; sie können als ein inneres Bezugssystem verstanden werden, das man als Ursache zielgerichteten Verhaltens annehmen kann. Dieses Bezugssystem bildet sich im Wesentlichen durch soziale Interaktion aus.

Motive sind relativ dauerhafte psychische Dispositionen. Werden Motive durch die Umstände einer Situation angeregt und aktiviert, so setzt ein Prozess ein, der als Motivation bezeichnet wird. Mithin bezeichnet man mit diesem Begriff alle aktuellen Faktoren und Prozesse, die unter den Anregungsbedingungen einer bestimmten Situation zu Handlungen führen und sie bis zu ihrem Abschluss in Gang halten.

Hans AEBLI (1997, S. 141) definiert die beiden Begriffe wie folgt:

  • Ein Motiv ist eine Zielvorstellung mit einem umschriebenen Inhalt, der Handlungen auslöst.

  • Unter Motivation versteht man dagegen die allgemeine Aktivation; sie stellen wir uns inhaltlos vor.

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2.0 Grundsituationen des menschlichen Lebens

Folgende Grundsituationen menschlichen Lebens lassen sich beschreiben:

  • die Belange anderer Menschen beeinträchtigen 
    – Aggression,

  • das Verhalten anderer Menschen nach eigenen Absichten beeinflussen 
    – Macht,

  • einem anderen Menschen beistehen, wenn er in Not ist 
    – Hilfe,

  • sich bei der Bewältigung von Aufgaben an Gütemaßstäben orientieren 
    – Leistung.

Von Abraham H. MASLOW stammt eine Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse. Nach diesem Modell sichert menschliches Handeln zunächst die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse, erst danach lösen die höheren Bedürfnisse ein Handeln aus.

MASLOW nennt folgende Grundbedürfnisse:

  • physiologisch bedingte Bedürfnisse:
    Hunger, Durst;

  • Sicherheitsbedürfnisse:
    Schutz vor Schmerz, Bedürfnis nach Ordnung und Gesetzlichkeit;

  • Bedürfnisse nach sozialer Bindung:
    Geborgenheit, Anschluss, Liebe;

  • Selbstachtungsbedürfnisse:
    Leistung, Geltung, Zustimmung;

  • Selbstverwirklichungsbedürfnisse:
    Verwirklichung der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten,
    Bedürfnis nach Verstehen und Einsicht.

Andreas KRAPP hat eine aktuelle Weiterentwicklung dieses Konzepts vorgelegt. Als grundlegende seelische Bedürfnisse nennt er (2005, S. 637) die Trias

  • Kompetenzerfahrung,

  • Autonomieerleben,

  • soziale Eingebundenheit.

In den Grundsituationen gewinnt jeder Mensch im Laufe seiner Entwicklung Erfahrungen, die zu Zielvorstellungen und Handlungserwartungen führen.

Das so entstandene Motivsystem ist entweder mehr aufsuchend oder mehr meidend orientiert, stärker durch Hoffnung auf Befriedigung oder durch Furcht vor Nichtbefriedigung bestimmt. Die seelisch-geistige Struktur einer Person wird weitgehend durch die Teiltendenz charakterisiert, die überwiegt. 

Vertiefungen dazu finden Sie auf den Webseiten 

Beachtung verdient auch eine aktuelle Ausformung des Konzepts der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse, das Andreas KRAPP (2005) vorgelegt hat.

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3.0 Ansätze zum Verständnis von Motivation

Zum Verständnis von Motivation gibt es eine Reihe von Ansätzen. Jeder von ihnen betrachtet einen wesentlichen Aspekt und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis, doch kann keiner Motivation alleingültig interpretieren.

3.1 Triebtheoretischer Ansatz

Sein Kerngedanke ist der Begriff des Gleichgewichts, der Homöostase. Besteht ein Ungleichgewicht, so aktiviert das den Organismus. Sowohl Mangelzustände als auch Energieüberschüsse werden in Gleichgewichtszustände überführt (Walter EDELMANN, 2002, S. 245).

3.2 Neugier

In Situationen mit sehr hohem oder sehr niedrigen Reiz-Imput kommt es zu einem sehr hohen Aktivationsniveau – ein Organismus versucht dann einen mittleren Erregungszustand als Optimum anzustreben (Walter EDELMANN, 2002, S. 245 f.). Aktiviertheit ist der Normalzustand; dabei neigt dieser dazu, Erregung zu reduzieren. Deshalb werden Situationen mit mittlerem Informationswert aufgesucht.

Unser Interesse und Erkundungsbedürfnis wird besonders dann angeregt, wenn die aktuelle Information und die bereits vorhandenen Schemata nicht übereinstimmen –„optimale Inkongruenz“.

Relative Neuheit, Komplexität und Ungewißheit schaffen in der Person eine subjektive Unsicherheit. Daraus entsteht das Bedürfnis, die entstandenen kognitiven Konflikte durch Erkundungsverhalten abzubauen und damit ein mäßig erhöhte Aktivationsniveau zu erreichen.

Die Neugiermotivation ist der Prototyp einer intrinsischen Motivation. Vertiefungen dazu finden Sie auf der Webseite "Intrinsische und extrinsische Motivation".

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3.3 Anreiztheoretische Auffassungen

Die Feldtheorie (Walter EDELMANN, 2002, S. 249 f.) betont die Annahme, daß überdauernde Bedürfnisse für menschliches Handeln eine weitaus geringere Bedeutung haben als der Aufforderungscharakter einer aktuellen Situation. Dieser ist vielmehr dessen wichtigste Komponente.

Motivation besteht aus zwei Komponenten. Diese sind

  • das Motiv als Persönlichkeitsdisposition

  • und der emotionale Aufforderungscharakter des Objekts.

Dieser regt das latente Motiv an, und es kommt zu dem Vorgang der Motivation.

3.4 Entscheidungs- und handlungstheoretischer Ansatz

Hat eine Person die Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten, so entsteht ein Konflikt. Sie muss ihn lösen, indem sie eine Entscheidung trifft. Diese wird von der Frage bestimmt, welche Folgen die Entscheidung hat. Eine typische Ausformung wird unten in Nr. 4.0 in Form des Prozessmodells nach HECKHAUSEN vorgestellt.

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3.5 Die leistungsthematische Grundsituation

Das Leistungsmotiv spielt im Leben der Menschen und speziell in der Schule eine wichtige Rolle. Die leistungsthematische Grundsituation ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass die Handlungsergebnisse mittels eines Gütemaßstabes bewertet werden können.

Das zunächst ruhende Motiv wird in einer aktuellen Situation insbesondere durch die Erwartung eines Erfolges und den emotionalen Anreiz angeregt. Eine Leistung liegt dann vor, wenn ein bestimmter Standard erreicht oder verfehlt werden kann, also ein Maßstab für Gelingen oder Misslingen besteht. Dieser »Gütemaßstab« kann in fremdgesetzten oder aber selbstgesetzten Standards bestehen. Ein Standard, den zu erreichen eine Person von sich erwartet, wird als »Anspruchsniveau« bezeichnet.

Auf der Webseite „Leistungsmotivation – Erfolg, Misserfolg und deren Ursachenzuweisung“ finden Sie vertiefende Ausführungen. Dort werden der leistungsthematische und der entscheidungstheoretische Ansatz miteinander verknüpft.

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4.0 Ein Prozessmodell der Motivation

Heinz HECKHAUSEN hat (erstmals 1977; erneut 1980 a, S. 619 ff, 1980 b, S. 7 ff.) ein erweitertes Motivationsmodell vorgestellt, das über die Selbstbewertung, ob ein Erfolg bzw. ein Mißerfolg zu erwarten ist, hinausgeht. Er gliedert die Handlungsfolge in

Situation, Handlung, Ergebnis, Folgen.

Aus der Situation ergeben sich Aufforderungen. Diese regen den Motivationsprozess an. Dabei werden die vier Stationen der Sequenz durch subjektive Erwartungen überbrückt.

Diese Zusammenhänge lassen sich in dem folgenden Verlaufsschema zusammenfassen:

Erscheint mir das Ergebnis durch die Situation festgelegt?
Wenn »ja« – tue nichts.

Wenn »nein«:
Kann ich das Ergebnis durch eigenes Handeln beeinflussen?
Wenn »nein« – tue nichts.

Wenn »ja«:
Sind mir die möglichen Folgen des Ergebnisses wichtig genug?
Wenn »nein« – tue nichts.

Wenn »ja«:
Hat das Ergebnis auch die gewünschten Folgen?
Wenn »nein« – tue nichts.

Wenn »ja«
Handle!

Die hier vorgestellten Überlegungen sollten durch den Hinweis ergänzt und erweitert werden, dass in der Forschung inzwischen Konflikte zwischen verschiedenen Motivationen zum Handeln erörtert werden. Vertiefungen dazu finden Sie auf der Webseite "Motive schulischen Lernens" unter Nr. 4.0.

5.0 Literaturgrundlage

Hier werden nur die Titel genannt, auf die im vorstehenden Text direkt verwiesen wird. 
Die Literaturnachweise für die weiteren Webseiten dieses thematischen Bereiches 
finden Sie hier.
Ein zusammenfassendes Literaturverzeichnis
für die Themengruppe »Lernen – Voraussetzungen, Möglichkeiten, Probleme«
finden Sie hier.

  • Hans AEBLI
    Lernmotivation und Motivlernen
    in:
    Grundlagen des Lehrens
    Eine Didaktik auf psychologischer Grundlage
    Stuttgart 1997, 4. Auflage, S. 133 - 175

  • Walter EDELMANN
    Lernpsychologie
    Weinheim 2000, 6., vollständig überarbeitete Auflage

  • Heinz HECKHAUSEN
    Motivation und Handeln
    Lehrbuch der Motivationspsychologie
    Berlin 1980 a

  • ders.
    Lernmotivation im Unterricht – erneut betrachtet
    Unterrichtswissenschaft 8 (1980 b), S. 7 - 47

  • Andreas KRAPP
    Das Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse
    Ein Erklärungsansatz für die positiven Effekte von Wohlbefinden
    und intrinsischer Motivation im Lehr-Lerngeschehen
    Zeitschrift für Pädagogik 51 (2005) Nr.5, S. 626 – 641

  • Abraham H. MASLOW
    Motivation und Persönlichkeit
    New York 1954; Reinbek 1981, Rowohlt TB 7395

  • ders.
    Psychologie des Seins
    New York 1968; München 19811, Kindler, Geist und Psyche 2195 


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -       letzte Änderung am: 15.01.08
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