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Ordnungsmaßnahmen
Wenn erzieherisches Verhalten an
seine Grenzen stößt
Übersicht
1.0 Die Rechtsgrundlage
2.0 Erziehung hat Vorrang vor Strafe
3.0 Ordnungsmaßnahmen
3.1 Der Katalog
3.2 Voraussetzungen
4.0 Verfahren
4.1 Grundlagen
4.2 Grundzüge des Verfahrens
1.0 Die Rechtsgrundlage
Schulische Ordnungsmaßnahmen greifen in
die originären Rechte der Schüler und ihrer Erziehungsberechtigten ein. Sie bedürfen
daher nach dem Rechtsstaatsprinzip - auch Vorbehalt des Gesetzes genannt
- zwingend einer gesetzlichen Grundlage. (Einzelheiten und Vertiefungen
zu diesem Sachverhalt finden Sie auf der Webseite Der
Vorbehalt des Gesetzes"). Diese liegt in §§
62 und 63 des
Schulgesetzes für Berlin i.d.F. vom 26. Januar 2004 (GVBl. S. 26) vor. Auf Grund des § 59
Satz 1 SchulG (bisherige Fassung) hat die Senatsverwaltung für Schule am 30. März 1988 Ausführungsvorschriften
über Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen - AV EOM - erlassen (ABl. S. 613, DBl. III
Nr. 4 S. 76). In ihnen werden die Vorgaben des Gesetzes konkretisiert.
Die rechtlichen Regelungen sind sehr
komplex. Im Folgenden wird versucht, die Materie übersichtlich darzustellen. Deshalb
werden zahlreiche Einzelheiten nicht erwähnt. Die Darstellung wird auf die
Schüler der allgemeinbildenden Schulen gemäß § 55 SchulG beschränkt. Im
Zweifelsfall müssen die Originaltexte herangezogen werden.
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2.0 Erziehung
hat Vorrang vor Strafe
- Diese Ausführungsvorschriften - im
Folgenden als AV EOM - bezeichnet, stellen eine Reihe von Grundsätzen auf.
- Ordnungsmaßnahmen dürfen nur auf der
Grundlage der §§ 55 und 56 SchulG, der AV EOM sowie der Schulordnungen gemäß § 53
Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 und 5 SchulVerfG verhängt werden.
- Im pädagogischen Zusammenhang hat die
Förderung richtiger Verhaltensweisen Vorrang vor Zurechtweisung und Bestrafung - AV EOM
Nr. 2 Abs. 2 Satz 1.
- Besonders bedeutsam ist es, auf positive
Verhaltensweisen pädagogisch zu reagieren - AV EOM Nr. 2 Abs. 2 Satz 2.
- Bei negativem Verhalten von Schülern ist
zunächst zu prüfen, ob Erziehungsmaßnahmen ausreichen. Das sind außer einem klärenden Gespräch zum Beispiel Tadel,
Ausschluss von einer Unterrichtsstunde, Nachbleiben - AV EOM Nr. 2 Abs. 2 Satz 3/4.
- Ordnungsmaßnahmen müssen der Schwere der
Verfehlung angemessen sein und dem der beabsichtigten erzieherischen Wirkung entsprechen.
Die Gründe für das Fehlverhalten sind zu berücksichtigen - AV EOM Nr. 2 Abs. 3.
- Vor und neben Erziehungs- und
Ordnungsmaßnahmen sind in der Regel Kontakte mit den Erziehungsberechtigten erforderlich
- AV EOM Nr. 2 Abs. 4.
- Ordnungsmaßnahmen dürfen nur getroffen
werden, um die ordnungsgemäße Unterrichts- und Erziehungsarbeit oder den äußeren
Schulbetrieb zu gewährleisten oder Gefährdungen für die am Schulleben Beteiligten
auszuschließen - AV EOM Nr. 2 Abs. 5.
Maßnahmen des Straf-, Ordnungswidrigkeiten- oder Jugendrechts bleiben davon unberührt.
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3.0
Ordnungsmaßnahmen
3.1 Der Katalog
§ 63 Abs. 2 Satz 1 SchulG führt
folgende Ordnungsmaßnahmen auf:
1. Schriftlicher Verweis
2. Ausschluss von einzelnen freiwilligen
Schulveranstaltungen
3. Ausschluss vom Unterricht bis zu drei
Tagen
4. Umsetzung in eine Parallelklasse oder
andere Unterrichtsgruppe
5. Umschulung in eine andere Schule mit
demselben Bildungsziel
6. Ausschluss von der besuchten Schule,
wenn der Schüler
seine Schulpflicht bereits erfüllt hat.
Nr. 4 und 5 können im Einvernehmen mit
dem Schüler, bei Minderjährigen im Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten auch
vorgenommen werden, ohne dass dies als Ordnungsmaßnahme anzusehen ist - AV EOM Nr. 2 Abs.
6 Satz 1.
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3.2
Voraussetzungen
§ 63 Abs. 1 SchulG ermächtigt zu
Ordnungsmaßnahmen, soweit Erziehungsmaßnahmen nach § 62 Abs. 1 nicht zu
einer Konfliktlösung geführt haben oder keine Aussicht auf Erfolg
versprechen. Folgende Voraussetzungen müssen dazu erfüllt sein:
-
Nachhaltige Beeinträchtigung der
ordnungsgemäßen Unterrichts- und Erziehungsarbeit.
-
Nachhaltige Beeinträchtigung des
äußeren Schulbetriebs.
-
Gefährdung der am Schulleben Beteiligten.
-
Verstoß gegen die Schülerpflichten
gemäß § 46 SchulG.
-
Verstoß gegen sonstige
Rechtsvorschriften.
-
Nachhaltige Beeinträchtigung der
Unterrichts- und Erziehungsarbeit durch mehrfaches unentschuldigtes Fehlen. Dazu können
grundsätzlich auch Verspätungen gehören. Vgl. dazu AV EOM Nr. 3 Abs. 1.
-
Nichtbefolgung von Anordnungen des
Schulleiters, einzelner Lehrer oder sonstiger schulischer Mitarbeiter.
Nichtbefolgung von Beschlüssen
schulischer Gremien, die diese in Wahrnehmung ihrer Aufgabe erlassen haben.
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4.0 Verfahren
4.1 Grundlagen
Das in § 63 Abs. 4 - 6 SchulG beschriebene
Verfahren bei Verhängung von Ordnungsmaßnahmen ist durch rechtsstaatliche
Prinzipien geprägt. Hier sind das insbesondere der Anspruch auf rechtliches
Gehör sowie die Ankündigung einer Maßnahme vor deren
Verhängung; daraus kann im Einzelfall ein zeitaufwendiger Verfahrensgang folgen. Ferner
müssen Sachverhalte einen Bezug zur Schule haben. Sie müssen sorgfältig
ermittelt und geklärt werden. Maßnahmen müssen das Prinzip der
Verhältnismäßigkeit berücksichtigen.
Wenn jedoch zur Abwendung einer Gefahr
eine Maßnahme unmittelbar notwendig ist, kann der Schulleiter als vorläufige Maßnahme
gemäß § 63 Abs. 6 SchulG einen Schüler bis zu zwei Wochen vom Unterricht ausschließen
oder in eine Parallelklasse bzw. andere Unterrichtsgruppe umsetzen. Diese sofortige
Vollziehung" gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO kann nach AV EOM Nr. 6 Satz 3 auch dann
angeordnet werden, wenn eine Ordnungsmaßnahme wegen Zeitablaufs nicht mehr durchgesetzt
werden könnte, nicht mehr sinnvoll wäre oder das Verbleiben eines Schülers in der
bisherigen Schule den am Schulleben Beteiligten nicht mehr zuzumuten wäre.
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4.2 Grundzüge
des Verfahrens
Im Folgenden werden Standardsituationen
beschrieben (im Anschluss an Harald MIER, Mitteilungsblatt des Deutschen
Philologenverbandes Berlin 36 (1989) H. 6, S. 256 f.).
1. OM 1 - 6: |
Unterrichtung
des Schulleiters und Festlegung, welche Stellen sich mit der Angelegenheit befassen
sollen. |
2. OM 1 - 6: |
Einladung
(Sieben-Tage-Frist nach Rahmengeschäftsordnung) zur Klassenkonferenz (Vorsitzender ist
der Klassenlehrer) oder zum Oberstufenausschuss (Vorsitzender ist der Schulleiter, Vorsitz
kann delegiert werden) durch den Vorsitzenden des Gremiums. |
3.
OM 1 - 6: |
Der
betroffene Schüler und ggf. seine Erziehungsberechtigten sind zu unterrichten. |
4.
OM 1/2: |
Einschaltung
des Vermittlungsausschusses ist nicht vorgeschrieben. Der Schüler und ggf. seine
Erziehungsberechtigten sind aber darauf hinzuweisen, dass sie den VA anrufen können. |
5.
OM 3 - 6: |
Einschaltung
des Vermittlungsausschusses mit der Gelegenheit zur Stellungnahme erforderlich, sofern
nicht der betroffene Schüler oder dessen Erziehungsberechtigte widersprechen. |
6.
OM 1 - 6: |
Anhörung
des betroffenen Schülers entweder vor dem befassten Gremium oder durch den Vorsitzenden
des Gremiums und auf Wunsch des Schülers eines weiteren Mitgliedes des Gremiums. Die
Entscheidung liegt beim betroffenen Schüler. Der Vorsitzende unterrichtet das Gremium
umfassend über das Ergebnis: |
7.
OM 1/2: |
Anhörung
des Erziehungsberechtigten ist nicht vorgeschrieben, aber möglich. |
8.
OM 3 - 6: |
Die
Anhörung der Erziehungsberechtigten des betroffenen Schülers nach obigem Modus (s. unter
6.) ist vorgeschrieben. |
9.
OM 2: |
Erstreckt
sich der Ausschluss von einer freiwilligen Schulveranstaltung auf eine nicht länger als
einen Tag dauernde Veranstaltung, dann kann die Entscheidung vom zuständigen Lehrer
(Klassenlehrer, Oberstufentutor) getroffen werden. |
10.
OM 4: |
Die
Umsetzung in eine Parallelklasse oder andere Unterrichtsgruppe erfolgt auf Empfehlung der
Klassenkonferenz bzw. des Oberstufenausschusses auf Anordnung durch die Gesamtkonferenz.
Anhörung wie oben beschrieben. |
11.
OM 5/6: |
Ordnungsmaßnahmen
nach den Ziffern 5 und 6 sind Verwaltungsakte. Diese müssen vorher schriftlich angedroht
worden sein. Diese Androhung erfolgt auf Vorschlag des Schulleiters durch den zuständigen
Schulaufsichtsbeamten im Bezirk
Nach Empfehlung der Klassenkonferenz (des Oberstufenausschusses) und einer Anhörung der
Gesamtkonferenz und einer Anhörung des betroffenen Schülers und seiner
Erziehungsberechtigten durch den zuständigen Schulaufsichtsbeamten des Bezirks trifft
dieser eine Entscheidung über eine Maßnahme nach den Ziffern 5 und 6. |
12.
OM 1 - 6: |
Die
Ergebnisse aller Anhörungen und ggf. die Stellungnahme des Vermittlungsausschusses sind
schriftlich festzuhalten und im Schülerbogen abzuheften.
Der betroffene Schüler oder seine Erziehungsberechtigten erhalten über die verhängte
Ordnungsmaßnahme einen schriftlichen Bescheid. Dieser muss enthalten:
o Art der Ordnungsmaßnahme,
o den Sachverhalt,
o die die Entscheidung tragenden Gründe. |
13.
OM 1 - 6: |
Über
Ordnungsmaßnahmen gegen Schülervertreter und Redakteure von Schülerzeitschriften sind
der zuständige Schulaufsichtsbeamte im Bezirk sowie das für das Schulwesen zuständige
Mitglied des Senats - II B 3 - zu unterrichten. |
14.
OM 1 - 6: |
Verhängte
Ordnungsmaßnahmen sind in der Klassenliste zu vermerken. Ob die Ordnungsmaßnahme auf dem
Halbjahreszeugnis vermerkt werden soll, ist zugleich mit der Verhängung der
Ordnungsmaßnahme von dem zuständigen Gremium oder Schulaufsichtsbeamten zu entscheiden. |
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Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 15.01.08
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