Home ] Nach oben ] Zurück ] Weiter ]

Schlüsselqualifikationen

I. Versuch einer Beschreibung

1.0 Das Problemfeld

„Schlüsselqualifikationen" stehen seit einigen Jahren im Mittelpunkt der Erörterungen zum Thema Bildung. Der Begriff leuchtet unmittelbar ein, was er bezeichnet, scheint selbstverständlich. Dennoch ist es das eben gerade nicht.
     Deshalb wird hier versucht, plausible Grundzüge von Schlüsselqualifikationen zu definieren. Außerdem wird eine nüchterne Beschreibung vorgestellt, die Hermann GIESECKE in Form von Thesen unternommen hat. Diese generelle Aufzählung wird durch Überlegungen Rolf WERNSTEDTs ergänzt, die sich auf die gymnasiale Oberstufe beziehen.
     Eine systematisch angelegte Darstellung von Schlüsselqualifikationen und deren Ableitung aus den Erziehungsaufgaben der Schule finden Sie auf der Webseite „Anforderungen der Arbeitswelt an die Schule".

2.0 Was sind Schlüsselqualifikationen?

2.1 Grundzüge einer Definition

Folgende Fähigkeiten - „Schlüsselqualifikationen" - müssen Schüler entwickeln und schließlich über sie verfügen:

  • die Fähigkeit zu konzentrierter, ausdauernder und eindringender geistiger Arbeit,

  • ferner die Bereitschaft, sich auch auf die Beschäftigung mit Themen einzulassen, die keine unmittelbar attraktiven Reize bieten, aber aus Sachgründen bedeutsam sind,

  • sowie ganz allgemein Eigeninitiative und Aktivität - auch bei Enttäuschungen, Misserfolgen und Widerständen.

2.2 Beschreibung nach GIESECKE

Hermann GIESECKE bezeichnet es in seinem Diskussionsbeitrag zum Thema Allgemeinbildung als notwendig, Grundlagen einer für alle Kinder konzipierten und sich gleichwohl in Stufen entfaltenden Bildung zu ermitteln. Unter dem Leitmotiv „Allgemeinbildung" komme es nicht nur auf die Herausbildung von „angemessenen Weltvorstellungen" an, sondern auch auf die Übung der dafür benötigten formalen Fähigkeiten.
     Für sie sei der Ausdruck „Schlüsselqualifikationen" üblich geworden, obwohl er zu viele noch ungeklärte Implikationen enthalte. Die formalen Fähigkeiten, die im allgemeinbildenden Unterricht der Schule gelernt werden können, seien jedoch begrenzt.
     GIESECKE nennt vor allem die folgenden:

  • die Fähigkeit, dem Unterricht überhaupt zu folgen, oder allgemeiner:
    einem anderen konzentriert, aufmerksam und unter Verzicht auf unmittelbare materielle (Essen, Trinken) und emotionale Bedürfnisbefriedigung zuzuhören;

  • die Fähigkeit, Arbeitsaufgaben (Hausaufgaben, Referate) zu übernehmen und selbständig zu gestalten;

  • die Fähigkeit, sich argumentativ an der Klärung von Sachverhalten und an der Lösung von Konflikten zu beteiligen;

  • die Fähigkeit, sich einfühlsam in andere zum Zweck des Verstehens hineinzuversetzen;

  • die Fähigkeit, Informationen selbständig zu recherchieren und anderen in einem geordneten gedanklichen Zusammenhang zu vermitteln;

  • die Fähigkeit, allein oder mit anderen Strategien für die Lösung von Problemen zu entwickeln.

2.3 Beschreibung nach WERNSTEDT

Rolf WERNSTEDT (1994 S. 7 f.) äußert sich zum Thema Schlüsselqualifikationen im Zusammenhang mit den bestimmenden Elementen der Hochschulreife. Er schreibt:

„Die Schlüsselqualifikationen bedeuten eine Abkehr vom traditionellen Lernverständnis. Nicht mehr das in Einzelteile zerlegte Wissen und seine Aneignung stehen im Mittelpunkt, sondern die Lösung komplexer Aufgaben.
     Das verlangt Denken in Zusammenhängen, Verabredung mit anderen, Controlling und Selbstkritik sowie Zielgerichtetheit.
Die schlagwortartige Zusammenfassung dieser Kompetenzen in
o Sachkompetenz,
o Methodenkompetenz,
o Sozialkompetenz und
o Selbstkompetenz

macht eine Neubesinnung des Bildungsverständnisses auch für die allgemeinbildenden Schulen erforderlich.

2.3 PISA und Schlüsselqualifikationen

Rudolf MESSNER (2003, S. 407) weist darauf hin, dass das PISA-Programm Bereiche wie das Lesen und die Mathematik als neue Schlüsselqualifikationen dynamisieren werde. Diese könnten in alle übrigen Fächer ausstrahlen. Mit Lesekompetenz werde ein anschlussfähiges Kulturerwerbswerkzeug geschaffen. Mathematische Grundbildung könne das Alltagsdenken stärken und die Weltorientierung in allen Lebensbereichen fördern.

3.0 Literaturnachweis

Hier wird nur die speziell auf diesen Baustein bezogene Literatur genannt. Alle weiteren Literaturangaben zum Thema »Bildung« finden Sie auf der Webseite „Literaturgrundlage".

  • Heinrich BECK
    Schlüsselqualifikationen
    Bildung im Wandel
    Darmstadt 1993

  • Hermann GIESECKE
    Was ist ein „Schlüsselproblem"?
    Anmerkungen zu Wolfgang Klafkis neuem Allgemeinbildungskonzept
    Neue Sammlung 37 (1997), H.4, S. 563 - 583, insbesondere 562 f..

  • Joachim HOFFMANN - Monika KNOPF
    Der Erwerb formaler Schlüsselqualifikationen
    in:
    Franz E. WEINERT (Hrsg.)
    Psychologie des Lernens und der Instruktion
    Enzyklopädie der Psychologie D I Bd.2, S. 49 - 82
    Göttingen 1996

  • Claudia LUX - Wilfried SÜHL-STROHMENGER
    Zur Bedeutung von Schlüsselqualifikationen im Bildungsverlauf
    in:
    Teaching Library in
    Deutschland
    Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz als 
    Kernaufgabe für Öffentliche und Wissenschaftliche
    Bibliotheken
    Wiesbaden 2004
  • Dieter MERTENS
    Schlüsselqualifikationen
    Überlegungen zu ihrer Identifizierung und Vermittlung
    im Erst- und Weiterbildungssystem
    in:
    Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 7 (1974), S. 204 - 230

  • ders.
    Schlüsselqualifikationen
    Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft
    in:
    Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 7 (1974), S. 36 - 43

  • Rolf WERNSTEDT
    Aktuelle Kriterien der Hochschulreife
    Überlegungen zur Fortschreibung des Tutzinger Maturitätskatalogs von 1958
    Die Deutsche Schule 86 (1994) H. 1, S. 5 - 11


Home ] Nach oben ] Zurück ] Weiter ]


Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
-