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Didaktische
Analyse
Urfassung und Wirkungsgeschichte
Übersicht
1.0 'Didaktische Analyse' -
Entstehungs- und Wirkungsgeschichte
1.1 Der "Urtext"
1.2 Die "Neufassung"
2.0 Das Grundproblem - die Frage nach dem Sinngehalt
2.1 Wolfgang KLAFKI - Fünf didaktische
Grundfragen
2.2 Wolfgang KRAMP - Vier didaktische
Hauptfragen
1.0 'Didaktische Analyse' -
Entstehungs- und Wirkungsgeschichte
1.1 Der
"Urtext"
Wolfgang KLAFKI legte
1958 in der Zeitschrift 'Die Deutsche Schule', 50 (1958), 450 - 471 einen Aufsatz vor,
dessen Titel lautete:
Didaktische
Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung
KLAFKI wollte mit dieser Arbeit die reiche
Tradition der geisteswissenschaftlichen (bildungstheoretischen) Didaktik für die
Unterrichtsvorbereitung des Lehrers erschließen, sein Aufsatz wurde jedoch - über seine
unmittelbare Bedeutung für die Unterrichtspraxis hinaus - zum Ausgangspunkt einer bis
heute nicht abgeschlossenen didaktischen Diskussion und Theoriebildung.
Wolfgang
KRAMP griff KLAFKIs Gedanken 1962 in einem Aufsatz auf, der ebenfalls in der
Zeitschrift 'Die Deutsche Schule', 54(1962), Heft 2 erschien und den Titel trug:
Hinweise zur
Unterrichtsvorbereitung für Anfänger
Trotz Übereinstimmung im Grundsätzlichen und
z.T. auch im Wortlaut wandelte KRAMP Aufbau und Wortlaut der didaktischen Grundfragen in
kritischer Selbständigkeit so weit ab, dass seine Arbeit einer Neufassung gleichkommt.
Unter dem
Eindruck dieser Ausführungen überarbeitete KLAFKI seinen Aufsatz und veröffentlichte
diese Fassung 1963 in seinem Buch 'Studien zur Bildungstheorie und Didaktik', Weinheim
1963, S. 126 - 143. Beide Aufsätze wurden in der 'Auswahl', Reihe A, Heft 1, Hannover
1964 (KLAFKI S. 5 - 34, KRAMP S. 35 - 64) nachgedruckt.
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1.2 Die
"Neufassung"
Kritische Gegenpositionen nahmen vor
allem Paul HEIMANN, der Begründer der sog. Berliner Schule" der Didaktik, und
seine Mitarbeiter ein. In der Auseinandersetzung mit ihnen entfaltete KLAFKI immer neue
Nuancen seines Denkens. Er entwickelte eine Neufassung der didaktischen Analyse und
stellte erstmals 1976 das
Vorläufige
Perspektivenschema der Unterrichtsvorbereitung
vor; am leichtesten zugänglich ist der
Abdruck in seiner unten genannten Studie (KLAFKI 1985, S. 213 - 217; vgl. dort S. 194 Anm.
1) oder bei Herbert GUDJONS (Hrsg.), Didaktische Theorien, Hamburg 1986, S. 11 - 26.
Im weiteren bettete er diese Neufassung
in den Entwurf eines neuen Theorieansatzes der Allgemeinen Didaktik ein, den er als
'Kritisch-konstruktive Didaktik' bezeichnete. Der zentrale Text hat den Titel
Zur
Unterrichtsplanung im Sinne kritisch-konstruktiver Didaktik
und liegt als achte Studie in den 'Neuen
Studien zur Bildungstheorie und Didaktik', Weinheim 1991, 2. Auflage, S. 251 - 270 vor.
Auch für KLAFKI ist die didaktische
Analyse nun nicht mehr Kern der Unterrichtsvorbereitung". Sie ist vielmehr in
ein Perspektivenschema" eingebettet, das als vollständiges
Planungsinstrument gedacht ist, und hat KLAFKI zu einer Neufassung des Bildungsbegriffes
bewogen. Sie finden ihn auf der Webseite "Allgemeinbildung - KLAFKIs neuer Beschreibungsversuch"
vorgestellt.
Schwerpunkte, Einzelheiten und Verlauf der hier skizzierten Entwicklung werden in
übersichtlicher und konzentrierter Form von Wilhelm H. PETERSZEN in
seinem 'Handbuch Unterrichtsplanung', München 2000, 9. Auflage, S. 47 - 80 dargestellt
und bibliographisch dokumentiert.
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2.0 Das
Grundproblem - die Frage nach dem Sinngehalt
Seit 1958/1964 sind tiefgreifende
gesellschaftliche Entwicklungen zu verzeichnen; sie bilden sich in einem Wandel
des Bildungsbegriffes ab. Nach wie vor jedoch steht der Lehrer vor der Aufgabe,
den Sinngehalt eines Themas oder eines Stoffes aufzuspüren und für eben die Schüler zu
erschließen, die er unterrichtet, damit sie ihrerseits die Beschäftigung mit dem
jeweiligen Thema oder Stoff als für sie sinnvoll erleben können. Eine sorgfältige
didaktische Analyse ist also weiterhin grundlegend wichtig.
Für die
tägliche Planungsarbeit wird auf die Webseite Didaktische
Transformation" hingewiesen. Dennoch ist es nützlich, auf die
differenzierten und tiefschürfenden Fragenkataloge des Urtextes zurückgehen zu können.
Daher werden im folgenden KLAFKIs Fassung der Didaktischen Analyse von 1958 in der
Bearbeitung von 1964 und KRAMPs Umformung von 1962 dokumentiert.
2.1 Wolfgang
KLAFKI - Fünf didaktische Grundfragen
2.12 Exemplarische Bedeutung des
Inhaltes
- Welchen größeren bzw. allgemeinen Sinn-
und Sachzusammenhang vertritt
und erschließt dieser Inhalt?
- Wo lässt sich der Ertrag des Themas als
Ganzes oder in einzelnen Elementen
(Einsichten, Vorstellungen, Wertbegriffen,
Arbeitsmethoden, Techniken)
später als Moment fruchtbar machen?
2.12 Gegenwartsbedeutung des
Inhaltes
- Welche Bedeutung hat dieser Inhalt oder
die an ihm zu gewinnende Erfahrung, Erkenntnis, Fähigkeit, Fertigkeit im geistigen Leben
der Schüler dieser Klasse/Lerngruppe?
- Welche Rolle sollte er, pädagogisch
gesehen, haben?
2.13 Zukunftsbedeutung des
Inhaltes
Worin liegt die Bedeutung des Themas für
die Zukunft der Schüler?
2.14 Struktur des Inhaltes
Welche Struktur hat der durch die Fragen
1, 2, 3 in pädagogische Sicht gerückte Inhalt?
- Was sind die einzelnen Momente des
Inhaltes?
- In welchem Zusammenhang stehen diese
einzelnen Momente?
In logisch eindeutigem Zusammenhang?
In faktischem Zusammenhang?
- Ist der Inhalt geschichtet?
Hat er verschiedene Sinn- und Bedeutungsschichten?
Können die Schichten unabhängig voneinander verstanden werden.
- In welchem größeren sachlichen
Zusammenhang steht dieser Inhalt?
Was muss sachlich voraufgegangen sein?
- Welche Eigentümlichkeiten des Inhaltes werden den
Schülern den Zugang
vermutlich schwer machen?
- Was muss als Mindestwissen festgehalten
werden, wenn der Inhalt als "lebendiger", "arbeitender" geistiger
Besitz gelten soll?
2.15 Zugänglichkeit des Inhaltes
Was sind die besonderen Fälle,
Phänomene Situationen, Versuche, an denen die Struktur des Inhaltes den Schülern
interessant, frag-würdig, zugänglich, begreiflich, "anschaulich" werden kann?
- Welche "Anschauungen" - Fälle,
Phänomene, Situationen, Versuche, Kontroversen - sind geeignet, in den Schülern eine auf
die Struktur des Inhaltes gerichtete Fragestellung zu wecken?
Anschauungen, Hinweise, Situationen,
Beobachtungen, Erzählungen, Versuche, Modelle sind geeignet, die Schüler diese
Fragestellungen möglichst selbständig beantworten zu lassen?
- Welche Situationen sind geeignet, das am
exemplarischen Beispiel, das am elementaren Fall erfasste Prinzip einer Sache, die
Struktur eines Inhaltes fruchtbar werden zu lassen, sie anwenden und damit üben zu
lassen?
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2.2 Wolfgang
KRAMP - Vier didaktische Hauptfragen
2.21 Die Zukunftsbedeutung des
Gegenstandes
- Ist die zu gewinnende Erfahrung usw. für
den weiteren Bildungsweg notwendig?
Oder ist sie ein unberechtigter Vorgriff auf spezielle Erfordernisse?
- Ist die zu gewinnende Erfahrung für die
Bewältigung künftiger Aufgaben in Gesellschaft und Arbeitswelt notwendig?
Oder wird sie nur für Angehörige bestimmter Berufe und Schichten Bedeutung haben?
- Ist die zu gewinnende Erfahrung zwar in
pragmatischer Hinsicht überflüssig, jedoch für eine menschenwürdige Existenz wertvoll?
Oder sollen lediglich aus Pietät überlebte Traditionselemente bewahrt werden?
2.22 Gegenwartsbedeutung und
Repräsentativität des Gegenstandes
- Werden der Gegenstand und sein bildender
Gehalt von den Erwachsenen ernst genommen?
Oder werden sie ideologisch geschätzt, im praktischen Leben jedoch ignoriert?
- Sind der Gegenstand und sein bildender
Gehalt den Erwachsenen überhaupt einsichtig?
Oder werden sie nur als bedeutsam bezeichnet, im persönlichen Leben jedoch ohne
Verständnis behandelt?
- Ist der Gegenstand für mich selbst
fraglos bedeutsam und seinem Wesen nach einsichtig?
Kann ich seinen bildenden Wert auch gegen Trends und Konventionen, gegen Haltung und
Meinung der Eltern vertreten?
Kann ich seinen Gehalt selbst glaubwürdig vertreten und im Unterricht wirksam werden
lassen?
2.23 Struktur und erschließende
Wirkung des Gegenstandes
- In welchem größeren Sinn- und
Sachzusammenhang steht der Gegenstand?
Welche Erfahrungen müssen zu seinem Verständnis vorher erworben worden sein?
- Für welchen allgemeinen Sachverhalt soll
der Gegenstand exemplarisch (repräsentativ, typisch) sein?
Welches Urphänomen, welches Grundprinzip soll in oder an ihm erfasst werden?
- Nach welchem Strukturschema ist der
Gegenstand selbst aufgebaut?
Als logischer oder kausaler Zusammenhang, der eine bestimmte Folge von Aneignungsschritten
zwingend erfordert?
2.24 Zugänglichkeit und
Ergiebigkeit des Gegenstandes
- Ist der Gegenstand in der Eigenwelt meiner
Schüler anschaulich vorhanden oder geistig lebendig?
Lässt er sich in der Schule anschaulich machen oder vergegenwärtigen?
- Welche besonderen Situationen
können den Gegenstand für meine Schüler interessant machen und in ihnen die Frage nach
seinem Sinngehalt wecken?
Welche Eigentümlichkeiten des Gegenstandes oder der pädagogischen Situation werden den
Zugang vermutlich besonders erschweren?
- Welcher Ertrag an gesichertem Wissen und
Können ist anzustreben?
Welche Möglichkeiten der Wiederholung und Übung bieten sich an?
- In welchem Zusammenhang können die am
Gegenstand gewonnenen Erfahrungen später verifiziert und angewandt werden?
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Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 15.01.08
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