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Das Elementare im
Unterricht
Einführung
Auf der Webeseite Didaktische Analyse - Urfassung und Wirkungsgeschichte"
werden mehrfach die Begriffe
exemplarisch, typisch, repräsentativ, elementar
verwendet. Sie lassen sich keineswegs allein aus dem Wortsinn verstehen, weil sie in einer
Bedeutung gebraucht werden, die sich nicht von selbst erschließt. Darum werden die
folgenden Erläuterungen vorgetragen.
Das Grundproblem
Wolfgang KLAFKI schreibt
in seiner Arbeit 'Die didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung' (1964,
S.134; vgl. die Webeseite Didaktische Analyse -
Urfassung und Wirkungsgeschichte"):
"Es charakterisiert einen
Bildungsinhalt, dass er als ein einzelner Inhalt immer stellvertretend für viele
Kulturinhalte steht."
KLAFKI bringt eine zentrale
Schwierigkeit der Didaktik zur Sprache. Da es unmöglich ist, die Gesamtheit der
Inhalte unserer Kultur zum Gegenstand von Unterricht zu machen, muss jeder Bildungsinhalt
ein über ihn hinausgehendes Lernen ermöglichen.
In der pädagogischen Psychologie ist für dieses Lernen der
Begriff »Transfer« gebräuchlich. Weiterführende Informationen zu
diesem Thema finden Sie auf der Webseite "Transfer".
Die viel erörterte Überfrachtung der Lehrpläne kann nur dann
beseitigt werden, wenn das Prinzip des exemplarischen Lernens zu konzentrierter Arbeit
genutzt wird.
Das Elementare
In einem besonderen Kulturinhalt tritt
dem Schüler immer auch ein allgemeiner Sachverhalt gegenüber. Der
Schüler begegnet mithin nicht nur dem konkreten Inhalt, sondern erkennt auch das darin
eingeschlossene Allgemeine.
KLAFKI versteht die bildende Begegnung
als einen Vorgang mit Wechselwirkung.
Die Wirklichkeit erschließt sich dem
Schüler -
der Schüler erschließt sich die Wirklichkeit.
Damit erwirbt der Schüler Kategorien,
d.h. generell gültige Prinzipien des Erkennens und des Sinnverständnisses,
die er selbständig anzuwenden vermag.
Inhalte, die den Schüler in diesem Sinne "bilden", ihm
diese Kategorien vermitteln, nennt KLAFKI 'Elementaria'. Er beschreibt sieben
Erscheinungsformen des Elementaren.
Die sieben Erscheinungsformen des
Elementaren
Die folgenden Begriffe können so wirken,
als sei es möglich, sie als klar zu unterscheidende Elemente gegeneinander abzugrenzen.
Sie haben jedoch lediglich analytische Funktion und beschreiben den jeweiligen Kern in
idealtypischer Form. In der Wirklichkeit können die einzelnen Aspekte ineinander
übergehen.
1. |
Fundamentales
Fundamentale Elementaria sind dem Schüler nur in Erfahrung und Erlebnis zugänglich; sie
können methodisch eigentlich gar nicht aufbereitet werden. Es handelt sich
ausschließlich um ganzheitlich zu empfindende Inhalte in Form von Stimmungen und
Atmosphäre, anders gesagt, um "Grunderfahrung" und "Grunderlebnis". |
2. |
Exemplarisches
Besonderes und Allgemeines stehen hier vorwiegend im Verhältnis von 'Fall' und 'Gesetz'
zueinander. Der besondere Inhalt ist hier stets ein 'konkretes Exempel', an dem das
Allgemeine gewonnen werden kann. |
3. |
Typisches
Hier zeigt sich das Allgemeine im Besonderen. "Das Besondere lässt das Allgemeine
gleichsam durchscheinen, transparent werden."
Während beim Exemplarischen das Allgemeine am Besonderen
gewonnen wird, lässt sich das Allgemeine des Typischen nur im Besonderen erfassen.
Eine besondere Form des Typischen ist das Urphänomen, dessen
Gesetzlichkeit (im Sinne Goethes) unmittelbar in der Anschauung erweisbar sein muss. |
4. |
Klassisches
Das Klassische enthält immer eine Wertung und kommt im Unterricht nur als Antwort auf
eine zuvor gestellte Wertfrage vor, wenn an einem konkreten Beispiel eine 'gültige',
'vorbildliche Lösung' aufgezeigt und eingesehen wird. |
5. |
Repräsentatives
Diese Kategorie tritt vor allem im Geschichtsunterricht auf. Das Besondere dient hier zur
Vergegenwärtigung des Allgemeinen. Außerdem hat es die Funktion einer symbolischen
Verdichtung. Das Besondere ist hier nicht ein "Fall", sondern eine Phase des
Allgemeinen, in der man eine überschaubare Verdichtung, einen Höhepunkt oder Wendepunkt
des Ganzen erkennt. |
6. |
Einfache Zweckformen
Allgemeines und Besonderes lassen sich nicht voneinander trennen, sie sind allenfalls als
"Inneres" oder "Äußeres", "Form" und "Inhalt",
"Zweck" und "Mittel" ein und desselben auseinanderzuhalten. Durch
Vollzug des Besonderen wird das Allgemeine erworben, z.B. das Lesen. |
7. |
Einfache
ästhetische Formen
Auch hier fallen Allgemeines und Besonderes zusammen und sind nur im Vollzug zu
durchdringen. Sie sind im musischen Unterricht anzutreffen. |
Literaturgrundlage
Wolfgang KLAFKI
entwickelte die Grundgedanken der vorstehenden Ausführungen in seiner 1959 verfassten
Studie
- Kategoriale Bildung
Zur bildungstheoretischen Deutung der modernen Didaktik
in: Studien zur Bildungstheorie und Didaktik
Weinheim 1963, S. 25 - 45)
Die Sieben Elementaria entwickelt er in
der großangelegten Arbeit Das pädagogische Problem
des Elementaren
und die Theorie der kategorialen Bildung
Weinheim 1959, 4. Auflage 1964, S. 442 ff.-
Den aktuellen Stand seines Denkens zu
diesem Thema findet sich in der Studie
- Exemplarisches Lehren und Lernen
in: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik
Weinheim 199, 12. Auflage, S. 141 - 161 -
Die Zusammenfassung fußt auf folgenden
Arbeiten:
- Karl ODENBACH
Exemplarisches Lehren und Lernen,
in: Studien zur Didaktik der Gegenwart
Braunschweig 1966
S. 145 - 168, insbesondere S. 165 ff. -
- Wilhelm H. PETERSZEN
Handbuch Unterrichtsplanung
Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen
München 2000, 9., aktualisierte und überarbeitete Auflage, S. 56 ff.
Zum Thema liegt umfangreiche Literatur
vor. Die wichtigsten Titel finden sich bei Karl ODENBACH, a. O. S. 168.
Außerdem beachtenswerte ältere Arbeiten
sind leicht zugänglich bei
- Berthold GERNER (Hrsg.)
Das exemplarische Prinzip
Beiträge zur Didaktik der Gegenwart
Darmstadt 1974
- Theodor BALLAUFF
Exemplarisches Lehren, exemplarisches Lernen
1960
- Josef DERBOLAV
Das "Exemplarische" im Bildungsraum des Gymnasiums
Versuch einer pädagogischen Ortsbestimmung des exemplarischen Lernens
Düsseldorf 1957
Die neueren Arbeiten führt Wilhelm
H. PETERSZEN, a. O. S. 61, auf.
Im übrigen wird auf die Veröffentlichungen von Martin
WAGENSCHEIN hingewiesen; er hat sich mit dem Problem des Exemplarischen in der
Didaktik tiefschürfend und praxisnah auseinandergesetzt.
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Ausgearbeitet
von: Dr. Manfred
Rosenbach - letzte Änderung am: 15.01.08
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