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Pragmatische Integration

Didaktische Funktionen im Lernprozess

1.0 Gliederung des Unterrichts - funktional gesehen

Zur Gliederung von Unterricht gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Obwohl sie jeweils in sich schlüssig sind,  begründen sie dennoch keine generell gültigen Nutzanwendungen zur Gliederung einer jeden konkreten Unterrichtsstunde .

Die Beobachtung der Unterrichtspraxis und ebenso die Erfahrungen der Unterrichtenden stützen vielmehr eine Verallgemeinerung:

Die vielfältigen und wechselnden Erfordernissen der jeweils zu lösenden Aufgabe schließen eine dogmatische oder schematische Bevorzugung eines bestimmten Gliederungsmodells aus. Die Erträge sämtlicher Ansätze müssen für die Praxis erschlossen und genutzt werden.

Deshalb wird hier ein Prozessmodell vorgestellt, das die erkenntnistheoretische Sichtweise und die verschiedenen Ausformungen der lernpsychologischen Grundlegung zusammenführt.

Dazu eignet sich der Begriff „Didaktische Funktionen" - vorausgesetzt, er werde funktional interpretiert und angewandt.

2.0 „Didaktische Funktionen"

2.1 Einführung des Begriffes

In der weitverzweigten Literatur zur Gliederung des Unterrichts haben Ernst DREFENSTEDT
und Gerhard NEUNER einen bemerkenswerten Begriff vorgeschlagen:

Didaktische Funktionen

Dieser Begriff verknüpft grundsätzliche didaktische Notwendigkeiten mit lernpsychologischen Sichtweisen und enthält die folgenden Einzelschritte:

1. Einführung in die Arbeit am neuen Stoff
2. Arbeit am neuen Stoff
3. Festigen und Anwenden
4. Systematisieren
5. Wiederholen
6. Kontrolle und Bewertung

Anklänge an HERBARTs Formalstufen lassen sich nicht übersehen. Dennoch ist die Einführung des Begriffes ein Fortschritt der Theoriebildung.

2.2 Kognitive Struktur als Voraussetzung erfolgreichen Lernens

Der erkenntnistheoretische Ansatz HERBARTs ist trotz seines historischen Charakters deswegen bedeutsam, weil er eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Lernen herausstellt. Der Lernende muss über eine kognitive Struktur verfügen - nur dann kann er sich neues Wissen aneignen, indem er es in diese eingegliedert.

Der Aufbau und die Entfaltung einer solchen kognitiven Struktur ist eine zentrale Aufgabe von Unterricht. David P. AUSUBEL und Jerôme S. BRUNER haben dazu die einander ergänzenden Konzepte des "bedeutungsvollen rezeptiven" Lernens und des "entdeckenden" Lernens entwickelt.
Sie werden auf Webseiten der Themengruppe Gestaltung des Unterrichts unter dem Stichwort "Methodenkonzeptionen" vorgestellt.

2.3 Funktionen im Lernprozess bei AEBLI

Am konsequentesten hat Hans AEBLI die didaktischen Aufgaben zu lernpsychologischen Erkenntnissen und Einsichten in Beziehung gesetzt. Lernen versteht er als einen dynamischen Prozess. Der von ihm geprägte Begriff lautet:

Funktionen im Lernprozess

Während Heinrich ROTH Lernen ganz allgemein als durch die Begegnung mit einer Schwierigkeit ausgelöst beschreibt, versteht AEBLI Lernen wesentlich schärfer als ein Handeln in der Auseinandersetzung mit einem Problem, die zu einem Ziel strebt.

In diesem dynamischem Prozess unterscheidet er vier Funktionen:

1. Problemlösendes Aufbauen
2. Durcharbeiten
3. Üben und Wiederholen
4. Anwenden

3.0 Die vier Funktionen im Lernprozess

3.1 Die Funktion des Problems im Unterricht

Der Didaktiker Claparède hat die Formel geprägt:

"Eine Unterrichtsstunde muss die Antwort auf eine Frage sein."

Diese Forderung wird von einem problemorientierten Unterricht berücksichtigt, der - nach einem anderen Wort desselben Autors - für die Schüler

"das Selbstverständliche zur Frage werden lässt."

Weniger als in der Vergangenheit bringen Schüler Fragen und Fragehaltungen aus der außerschulischen Umwelt mit in den Unterricht.

Desto wichtiger ist es, dass die Unterrichtskonzeption dazu beiträgt, Fragehaltungen auszulösen und anzubahnen. Die Einzelheiten sind auf der Webseite "Problemorientierter Unterricht" dargestellt.

Hier geht es darum, auch auf die Funktionen im Lernprozess aufmerksam zu machen, die an die Anbahnung einer Fragehaltung anschließen und die Voraussetzung für einen gesicherten Lernerfolg sind.

3.2 Durcharbeiten

Die "Antwort", die ein Schüler mittels einer Problemstellung im Unterricht erhält oder selbst findet, führt zwar zu einem Verständnis, in aller Regel nicht zu einem gesicherten oder gar anwendbaren Wissen.

Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer weiteren Funktion im Lernprozess, des Durcharbeitens. Durcharbeiten lässt das Verständnis beweglich werden und bettet es in systematische Zusammenhänge ein.

3.3 Üben und Wiederholen

Nicht nur Fertigkeiten, sondern auch Einsichten bilden sich nicht durch einmaligen Vollzug heraus, sondern bedürfen der Festigung und Konsolidierung. Durcharbeiten allein kann das nicht leisten. Erst Üben und Wiederholen macht motorische und ebenso gedankliche Fertigkeiten dauerhaft und zuverlässig.

3.4 Anwendung

Der Begriff Anwendung wird üblicherweise als didaktischer Begriff eng gefasst und bezeichnet im Sinne der Lernzielebenen eine komplexe Fähigkeit. Anwendung kann jedoch auch als die Bewährung eines Wissens in einem lebensbezogenen Ernstzusammenhang verstanden werden.

Wenn sich auch didaktische Positionen zunächst auf den Stoff und seine Beherrschung beziehen, so sollte doch die eigentliche Zielvorstellung bewusst bleiben:

Die Schule vermittelt ein Wissen, das direkt oder indirekt der Lösung der Alltagsprobleme dient und dem jungen Menschen ein Bild der Wirklichkeit vermittelt; sie entwickelt Interessen und Werthaltungen. (AEBLI 2001, S.354).

4.0 Schlussbemerkung

Diese Skizze ersetzt nicht die Lektüre der Originaltexte. Sie dient lediglich dazu, über eine didaktisch bedeutsame Position zu informieren und Neugier auf Einzelheiten auszulösen.

Insbesondere lohnt es sich, AEBLIs Empfehlungen zur Unterrichtspraxis aufzugreifen.


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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