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Thesen zur Bedeutung des
Rechts
Übersicht
1.0 Das Problemfeld
2.0 Das Wesen des Rechts
3.0 Der Zweck des Rechts
4.0 Die Funktionen des Rechts
5.0 Die Leistungen des Rechts
6.0 Literaturnachweis
1.0 Das Problemfeld
Wesen, Funktionen und Leistungen des
Rechts sind umstritten und lassen sich nur schwer würdigen. Die folgenden Thesen machen
den Versuch, zentrale Aspekte herauszuarbeiten, um damit ein konstruktiv-pragmatisches
Rechtsverständnis anzubahnen.
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2.0 Das Wesen
des Rechts
Mustert man die vielfältigen Versuche,
den Kern dessen zu erfassen, was Recht ist, so lassen sich in rigoroser Vereinfachung
folgende Positionen beschreiben:
- Idealistische Position
Im Recht konkretisiert sich die Idee der Gerechtigkeit"
(Bundesverfassungsgericht)
- Aufklärerische Position
Immanuel KANT definiert in der Metaphysik der Sitten - Rechtslehre
- " (1983, S. 337)
das Recht als den
Inbegriff der Regeln, unter denen die Freiheit des einen mit der des anderen zu vereinbaren ist".
- Marxistische Position
Im Recht bilden sich die gesellschaftlichen Machtverhältnisse ab.
- Realistische Position
Im jeweils kodifizierten Recht bildet sich der Grad ab, in dem die gesellschaftlichen
Kräfte dazu gezwungen werden konnten, im Kampf um die Macht
sich der Idee der Gerechtigkeit zu unterwerfen
und/oder von ihr gewiesene Grenzen zu beachten.
Dazu ein Zitat Immanuel KANTs aus dem Aufsatz "Über
ein vermeintes Recht aus Menschliebe zu lügen" (1983, S.642):
"Das
Recht muß nie der Politik,
wohl aber die Politik jederzeit dem Recht angepaßt werden."
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3.0 Der Zweck
des Rechts
Gustav RADBRUCH (1990,
S. 39) zitiert vier römische Spruchweisheiten, die die letzten Prinzipien des Rechts
veranschaulichen:
Salus
populi suprema lex esto |
- das Gemeinwohl
soll oberstes Gesetz sein. |
Iustitia
fundamentum regnorum |
- Gerechtigkeit ist
die Grundlage der Herrschaft |
Fiat
iustitia, pereat mundus |
- unverbrüchliche
Rechtssicherheit ist wichtiger
als alles andere. |
Summum
ius summa iniuria |
- streng korrekte
Anwendung des Gesetzes
kann krasses Unrecht sein. |
Er folgert:
Gemeinwohl,
Gerechtigkeit und Rechtssicherheit sind die höchsten Ziele des Rechts.
Sie befinden sich jedoch nicht in
harmonischer Übereinstimmung, sondern in scharfem Gegensatz und Widerstreit. Das macht
den Versuch so konfliktreich, dem Zweck des Rechts zu entsprechen.
Schon
früher hatte Radbruch in seiner »Rechtsphilosophie, 3. Auflage 1932, §
4 S. 127« definiert::
„Recht
ist diejenige Wirklichkeit, die den Sinn hat, der Gerechtigkeit zu
dienen.“
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4.0 Die
Funktionen des Rechts
Funktionen und Wirkungen des Rechts
dürfen nicht eindimensional verstanden werden, sondern lassen sich nur in polaren
Zuordnungen beschreiben.
Recht
- bindet und garantiert Freiheit;
- engt ein und gewährt Raum zur
Entfaltung,
- bewahrt Vorhandenes und gibt Ziele
für neue Entwicklungen vor,
- schützt und entläßt in eigene
Verantwortung.
Wesentlich nüchterner beschreibt Uwe
WESEL (2006, Rdn. 43 S. 61) folgende Funktionen des Rechts:
- Ordnungsfunktion,
- Gerechtigkeitsfunktion;
- Herrschaftsfunktion,
- Herrschaftskontrollfunktion.
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5.0 Die
Leistungen des Rechts
Das geschriebene Recht
- ist nicht vollkommen,
- seine Leistungen sind nicht vollkommen.
Dennoch erbringt es unverzichtbare
Leistungen.
Das Recht
- ist die einzige Barriere, die die
Menschen vor Willkür des Staates
und der Mächtigen schützt.
- nimmt es ihnen ab, Konflikte mit anderen
Menschen allein zu regeln,
- bewahrt sie davor, Störungen des
Rechtsfriedens in Selbsthilfe beheben zu müssen.
Geschriebenes Recht jedoch,
das z.B.
- als Werkzeug des Klassenkampfes
verstanden wird
und der Unterdrückung des
Klassenfeindes" dient,
- oder Menschen wegen
ihrer Abstammung ihrer Existenzgrundlage beraubt
und zur Vernichtung freigibt,
ist kein Recht.
Vielmehr handelt es sich um eine
Tarnbezeichnung für Willkürherrschaft, wenn nicht gar Gewaltherrschaft.
Die Problematik des Unrechts, das sich das Gewand des Gesetzes umgelegt hat,
wird auf der Webseite "Legalität, Legitimität,
Loyalität" vertiefend behandelt.
Abschließend eine Leseempfehlung:
Wenn Sie
sich mit den Funktionen und Leistungen des Rechts - sowie dessen Problemen -
vertiefend vertraut machen wollen,
finden Sie in Uwe WESELs neuem Buch »Fast alles, was Recht ist -
Jura für Nichtjuristen« eine exzellente - und leicht lesbare - Lektüre.
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6.0 Literaturnachweis
Hier wird nur die Literatur verzeichnet,
auf die sich der Text des Bausteins unmittelbar bezieht. Alle weiteren Literaturangaben
dieser Themengruppe werden in der Literaturgrundlage"
zusammengefasst.
- Bundesverfassungsgericht
Urteil des Ersten Senats vom 18. Dezember 1953 - 1 BvL 106/53
BVerfGE 3, 225 [233]
- Immanuel KANT
Werke in sechs Bänden, herausgegeben von Wilhelm WEISCHEDEL
Band IV:
Schriften zur Ethik und Religionsphilosophie
Darmstadt 1983, S. 337 sowie S. 642
- Gustav RADBRUCH
Der Zweck des Rechts
Vortrag auf dem Kongress des Internationalen Instituts
für Rechtsphilosophie in Rom am 1. April 1937
Gesamtausgabe Radbruch, hrsg. von Arthur KAUFMANN
Heidelberg 1990, Band 3 S. 39 - 50
- Uwe WESEL
Geschichte des Rechts
Von den Frühformen bis zur Gegenwart
München 2006, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage
-
ders.
Fast alles, was Recht ist
Jura für Nichtjuristen
München 2021, 10. Auflage
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Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am:
27.06.23
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