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Natürliche
Grundlagen des Lernens Übersicht 1.0 Das Problemfeld Erziehung und Unterricht wurden – und werden immer noch – in einem Horizont betrachtet, der traditionell durch geisteswissenschaftlich und in neuerer Zeit eher durch sozialwissenschaftlich fundierte Auffassungen bestimmt ist. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse sind für das Menschenbild der Erziehungswissenschaft bislang kaum aufgegriffen und berücksichtigt worden. Der Mensch gehört der belebten Natur an und ist tief in ihr verwurzelt. Als Kronzeugen für diese Auffassung nenne ich den Biologen Hubert Markl (seinen Text finden Sie im Anhang). Als weitere Autoren sind Hans-Joachim Wasserburger (1970), Christian VOGEL (2000) und Andreas PAUL (1998) zu nennen. Vielleicht befremdet Sie dieser Standpunkt? Dann lesen Sie bitte die noblen Ausführungen, die Ernst Peter FISCHER zu diesem Thema macht (2004, S. 16 ff., insbesondere S. 21). Auch 150 Jahre nach dem Erscheinen von Charles Darwins grundlegendem Werk über die „Entstehung der Arten“ (1859) scheint es vielen Menschen schwerzufallen, sich auf die Ergebnisse der Evolutionstheorie einzulassen – die „Sonderstellung“ des Menschen geriete sonst in Gefahr. Vielleicht wollen Sie dennoch lächeln? Dann rufen Sie eine Karikatur auf, die dieses Thema ironisch verfremdet. Erst recht scheint es bedenklich, die Erkenntnisse der genetischen Forschung für die Pädagogik auszuwerten. Diese Distanz, ja Abwehr dürfte vor allem durch den ideologischen Missbrauch in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft verursacht sein. Biologische Wissenschaft ist damals zur Rechtfertigung verbrecherischen Handelns verkommen; und nicht wenige Wissenschaftler haben sich zu Helfern oder gar Mittätern des Verbrechens herbeigelassen. Christian Vogel führt ebenso beschämende wie ernüchternde Beispiele auf (2000, S. 193 ff., S. 199 ff.). Diese Tatsache wird jedoch nicht im geringsten „relativiert“, wenn die Ergebnisse seriöser Wissenschaft zur Kenntnis genommen und für Pädagogik urteilsfähig ausgewertet werden. Das ablehnend aufgeladene Schlagwort „Biologismus“ (zu Begriff und Argumentation s. Alfred K. Treml, 1996 S. 85 - 98) darf uns nicht daran hindern, den Horizont erzieherischen Verstehens und Handelns zu erweitern. Das gilt desto eher, als die Biowissenschaften „gewaltigen Erkenntnisfortschritt“ erzielt haben (Annette Scheunpflug 2001, S. 16). Inzwischen haben insbesondere Alfred K. Treml und Annette Scheunpflug wesentlich dazu beigetragen, die Evolutionstheorie für die Erziehungswissenschaft zu erschließen (Literaturnachweise unten; vgl. auch die Webseite „Evolutionäre Pädagogik und Didaktik"). In ihrem Buch „Biologische
Grundlagen des Lernens“ (2001) stellt Annette Scheunpflug
systematisch und
umfassend den möglichen Ertrag der Biowissenschaften für die Pädagogik
vor. Insbesondere widerlegt sie die gängigen Einwände gegenüber
biowissenschaftlicher Theoriebildung (a.a.O. S. 34 - 42).
In moderner biologischer Sicht sind Natur und Kultur keine Gegensätze – sie sind vielmehr eng miteinander verwoben. Hubert Markl (zitiert nach Scheunpflug a.a.O., S. 41) bringt das auf die prägnante Formel: „Es ist uns natürlich, unser Dasein durch eine Kulturtradition zu bewältigen." 2.0 Zur Konzeption der Themengruppe »Lernen« Hier sollen einige Aspekte vorgestellt werden, die für das Verständnis des Lernens fundamental wichtig sind. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die Ergebnisse der modernen Hirnforschung besonders bedeutsam sind. Sie bieten wichtige Informationen und Anregungen, sind jedoch keineswegs alle überraschend, denn sie bestätigen gar nicht wenige Einschätzungen der Didaktik und der pädagogischen Psychologie, die bislang lediglich als Hypothesen oder gar als bloße Spekulationen gelten konnten. Im Übrigen hat der Nobelpreisträger James Watson erst kürzlich (Tagesspiegel vom 13. Oktober 2004) die Ergebnisse der Hirnforschung zum Thema »Lernen« knapp kommentiert: „Ja,
die Synapsen werden dicker. »Lernen« als basale, d.h. lebensbezogene Fähigkeit des Menschen und »Lernen« im schulischen Zusammenhang unterscheiden sich voneinander. Das Lernen in der Schule kann nur verstanden und verbessert werden, wenn dessen natürliche Voraussetzungen ermittelt und akzeptiert worden sind. Schulisches Lernen wird dabei durch spezifische Aufgaben bestimmt, die in einen grundsätzlichen Konflikt mit den durch Evolution entstandenen Bedürfnissen und Lerngewohnheiten führen. Dazu gehört vor allem ein paradox wirkendes Faktum: Das Gehirn des Menschen ist durch Evolution den Lebensbedingungen der jüngeren Altsteinzeit (ca. 35 000 – 8000 v.Chr.) angepasst (vgl. dazu Hans Georg Wunderlich, 1974, neuerdings Annette Scheunpflug a.a.O., S. 28). Die stürmische Entwicklung von Kultur und Gesellschaft, die seitdem stattgefunden und die moderne Welt hervorgebracht hat, konnte von der Evolution in dieser – biologisch gesehen – sehr kurzen Zeit nicht nachvollzogen werden. Im einzelnen wird zu zeigen sein, wie im Unterricht mit diesen vorgegebenen Tatsachen umzugehen ist. Vertiefungen zu dieser Thematik finden Sie auf der Webseite „Nutzanwendungen für den Unterricht". 3.0 Anhang Hubert Markl schreibt im Vorwort seines Buches „Natur
als Kulturaufgabe –
4.0 Literaturgrundlage
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von: Dr.
Manfred Rosenbach - letzte Änderung
am: 31.05.18
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