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Die Gestaltung von Gruppenarbeit

1.0 Notwendigkeiten

Die auf der Webseite „Die Gruppenarbeit" dargestellten Vorzüge von Gruppenarbeit lassen sich nur verwirklichen, wenn einige Voraussetzungen dafür bestehen oder geschaffen werden. Ferner muss die Gruppenarbeit sorgfältig vorbereitet und sachgerecht durchgeführt werden.

Die folgenden Empfehlungen wollen dazu beitragen, die bei Gruppenarbeit unfehlbar auftretenden Schwierigkeiten zu mindern, indem sie den bitteren Weg von Versuch und Irrtum wenigstens ein kleines Stück verkürzen.

2.0 Empfehlungen

2.1 Voraussetzungen

Folgende Voraussetzungen sollten bestehen. Wenn das nicht der Fall ist, sollte der Lehrer zunächst auf sie hinwirken oder wenigsten prüfen, ob sie während der Arbeitsphase entwickelt werden können. Die nachstehenden Ausführungen berücksichtigen insbesondere die Arbeit mit jüngeren Schülern.

Die Schüler sollten

  • Partnerarbeit kennen,

  • in Einzelarbeit die selbständige Erledigung von kleineren Arbeitsaufträgen geübt haben,

  • selbständig mit Texten umgehen können (d.h. Texte und Anweisungen lesen und verstehen sowie selbständig kurze Texte, Auswertungen, Folienbeschriftungen u. ä. verfassen können),

  • die notwendigen Arbeitstechniken beherrschen (z.B. Atlasarbeit, Auswerten von Statistiken, Durchführen von einfachen Versuchen),

  • über angemessene Formen des Umgangs und Verhaltens verfügen (d. h. zuhören und aufeinander eingehen können, helfen und sich helfen lassen können,

  • Meinungsverschiedenheiten ertragen oder wenigstens ohne Heftigkeit erörtern können),

  • nicht rivalisierenden oder einander heftig ablehnenden Cliquen bedingungslos angehören.

Der Lehrer sollte prüfen, ob

  • die Arbeitssituation der Lerngruppe den Zeitaufwand von Gruppenarbeit zulässt (es sollte kein Stoffdruck bestehen),

  • das Thema für selbständige Erarbeitung geeignet ist,

  • das Thema in Gruppenarbeit effektiver bearbeitet werden kann als in anderen Gruppierungsformen,

  • er die dafür notwendigen Arbeitsaufträge, Materialien und Hilfsmittel bereitstellen kann,

  • die räumlichen Voraussetzungen für Gruppenarbeit bestehen oder ohne großen Zeitverlust geschaffen werden können. Aufgaben, die sich auf komplexe Aufbauprozesse beziehen, sind für Gruppenarbeit generell wenig geeignet.

2.2 Planung

Bei der Vorbereitung der Gruppenarbeit ist es notwendig,

  • die Zusammenstellung der Gruppen zu planen und die für jede Gruppe geeignete Aufgabenstellung zu entwickeln,

  • oder beim Akzeptieren bestehender Gruppen deren Eigenarten bei der Formulierung von Aufgaben zu berücksichtigen,

  • Arbeitsaufträge schriftlich auszuarbeiten und ggf. für einzelne Gruppenmitglieder festzulegen,

  • den Zeitbedarf für die Erledigung der Arbeitsaufträge realistisch abzuschätzen,

  • den Zeitbedarf für die Zusammenfassung und Auswertung der Gruppenbeiträge nicht zu unterschätzen,

  • zeitsparende Techniken für Auswertung und Ergebnissicherung vorzusehen.

2.3 Durchführung

Bei der Durchführung ist es notwendig,

  • den Schülern eindeutige Informationen und Aufträge zu erteilen, 
    insbesondere zu
    o Arbeitszeit,
    o Arbeitsverfahren und -regeln,
    o Aufgabenverteilung in der Gruppe,
    o Form der Ergebnissicherung und der Darstellung vor der Lerngruppe,

  • vor Arbeitsbeginn das Verständnis hinsichtlich Stoff und Verfahren zu prüfen und für die erforderlichen Klärungen zu sorgen,

  • am Ende der Arbeitsphase die Aufmerksamkeit für die gemeinsame Arbeit des Plenums herbeizuführen und zu ermöglichen, dass
    o alle Gruppen ihre Ergebnisse vorstellen können,
    o eine gemeinsame Aussprache über die Ergebnisse stattfindet.

3.0 Was Lehrer und Schüler lernen müssen

Soweit Lehrer und Schüler nicht bereits in Gruppenarbeit geübt sind, müssen sie sich neuen Erfahrungen stellen.

So müssen Lehrer lernen,

  • zuzuhören, abzuwarten, zu beobachten,

  • zu beraten, Hilfen zur Selbsthilfe zu geben, zu ermutigen,

  • den richtigen Augenblick für ein Tätigwerden zu erkennen,

  • bei der Arbeit auch Um-, Irr- und Holzwege zuzulassen und sie für weiterführende Einsichten zu nutzen,

  • sich vorwiegend als Regisseur, Moderator und Helfer zu verstehen, nicht als Instruktor und Belehrer,

  • den Schülern Selbständigkeit und eigene Verantwortung einzuräumen,

und verlernen,

  • alles in die eigenen Hände zu nehmen und zu bestimmen,

  • ihre größere Sach- und Verfahrenskompetenz über die unbedingt notwendige Hilfe hinaus zur Geltung zu bringen,

  • ungeduldig auf schnelle Fertigung von Arbeitsergebnissen zu drängen.

Die Schüler müssen lernen,

  • selbständig zu denken, zu fühlen und zu handeln,

  • sich mit Mitschülern zu verständigen und auch bei Meinungsverschiedenheiten zu einigen,

  • Arbeitschritte zu planen und Arbeitsergebnisse zu sichern, zu protokollieren, zu dokumentieren und vorzutragen,

  • die Spannung auszuhalten, die zwischen sachbezogener Arbeit und emotional bestimmtem Umgehen miteinander besteht,

und verlernen,

  • die Verantwortung für jeden Lernschritt dem Lehrer zuzuschieben,

  • sich in der Gruppe nach vorn zu drängen oder umgekehrt hinter den anderen zu verstecken,

  • an der Einnahme bestimmter Rollen festzuhalten,

  • für alles und jedes eine Note erhalten zu wollen.

3.0 Leseempfehlung

Die Literatur zur Gruppenarbeit ist sehr umfangreich. Eindrucksvolle Ausführungen zum Ethos der Gruppenarbeit finden Sie bei Hans AEBLI, 2001, S. 373 ff., eine Darstellung des idealtypischen Ablaufs auf S. 379 ff.

Detailliert und nützlich ist das Kapitel „Gruppenunterricht" bei Hilbert MEYER, Unterrichtsmethoden II, S. 238 ff. Die in diesem Baustein vorgetragenen Empfehlungen
greifen in wesentlichen Teilen Hinweise von MEYER auf.

Aktuell und informativ-anregend ist eine neuere Arbeit:

  • Nürnberger Projektgruppe
    Erfolgreicher Gruppenunterricht
    Stuttgart 2001


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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