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Immanuel KANT
Definition der Erziehung
1.0 Vorbemerkung
In diesem Baustein werden Immanuel
KANTs zentrale
Gedanken zur Erziehung so herausgearbeitet, dass sie sich - hoffentlich - übersichtlich
darstellen lassen. Dabei sind Verkürzungen seiner sehr differenzierten Überlegungen
nicht zu vermeiden. Insbesondere kann deren Verwobenheit mit KANTs philosophischen
Grundauffassungen kaum sichtbar gemacht werden. Deshalb werden seine Gedanken auf der
Webseite Immanuel KANT - Die pädagogische Theorie"
ausführlicher vorgestellt. Dort wird auch ihre Bedeutung für die Aufgaben der Pädagogik
untersucht.
2.0 Der Begriff der Erziehung
Immanuel KANT
versteht Erziehung als Menschwerdung. "Der
Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung.
Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht."
(KANT 1983, S. 699\3; A 8) KANT
sieht vier Etappen dieses Vorganges und gliedert
deshalb den Begriff der Erziehung in vier Bereiche oder Handlungsformen
auf:
-
Disziplinierung,
-
Kultivierung,
-
Zivilisierung,
- Moralisierung.
Diese Begriffe sind in der
zeitgenössischen Sprache nicht gebräuchlich oder gar missverständlich. Sie bedürfen
daher der Interpretation.
3.0 Interpretationen
-
Disziplinierung
Der Disziplinierung fällt eine im engeren Sinne propädeutische Rolle zu. KANT spricht
deshalb auch von ihr als dem negativen Teil der Erziehung.
Disziplin oder Zucht ändert die Tierheit in die Menschheit um."
Disziplinierung eröffnet Vernünftigkeit und damit Freiheit; sie zielt auf Emanzipation.
Das erzieherische Endziel, die Autonomie, ist bereits im disziplinierenden Handeln
angelegt.
-
Kultivierung
Unter Kultivierung versteht KANT Unterweisung, Bildung, Belehrung, also den an dem Prinzip
der Geschicklichkeit orientierten positiven Teil der Erziehung". Kultivierung
in diesem engen Sinne bedeutet die Erschließung dessen, das man in der Pädagogik
Bildungswelt" genannt hat.
-
Zivilisierung
Während Kultivierung die Entdeckung und Steigerung der Individualität als eines
Inbegriffs individueller Wertigkeiten beabsichtigt, ist die pädagogische Handlungsform
der Zivilisierung auf die soziale Wertsphäre bezogen.
Die Zivilisierung lässt den Menschen zu einem Mitglied der
Gesellschaft werden, das deren Werthorizonte annimmt und sich in der Orientierung an ihnen
entwickelt.
- Moralisierung
Dagegen ist die Moralisierung auf menschheitlich orientierte unbedingte Wertigkeit
bezogen. Sowohl die Erschließung der Sachwelt (Kultivierung) wie die Initiation in die
Mitwelt (Zivilisierung) sind in ihrer Wertigkeit durchgängig bedingt; allein die sittlich-vernünftige
Selbstbestimmung zeichnet sich durch absolute Valenz aus.
4.0 Zusammenfassung
Überführt man KANTs Überlegungen in moderne
Sprache, so beschreibt er folgenden Aufbau von Erziehung:
-
Menschen sollen zu Selbstbeherrschung
fähig werden.
-
Menschen sollen in die Kultur
eingeführt werden, in der sie existieren.
-
Menschen sollen fähig werden, mit
anderen Menschen zusammen zu leben und deren Wertorientierung zu akzeptieren.
-
Menschen sollen zu selbstbestimmtem und
an sittlich-vernünftigen Werten orientiertem Leben fähig werden.
Das ist ein anspruchsvolles
Programm. KANT hat das selbst so gesehen:
"Daher
ist die Erziehung das größeste Problem,
und das schwerste, was dem Menschen kann aufgegeben werden." (KANT
1983, S. 702\3; A 14)
Der
französische Philosoph Gabriel MARCEL fasst all das in der ebenso
einprägsamen wie schlichten Formulierung zusammen (zitiert nach Friedrich
MAIER, Warum Latein?, Stuttgart 2008, S. 19):
"Wir
sind als Lebewesen geboren, Menschen müssen wir erst werden."
Ausführliche Überlegungen
zu diesem Thema finden Sie auf der Webseite "Erziehung
oder Sozialisation?" Hingewiesen wird dort vor allem auf
die Forschungen von Michael TOMASELLO, "Mensch werden"
(2020).
5.0 Quellennachweis
-
Immanuel KANT
Werke in sechs Bänden,
herausgegeben von Wilhelm WEISCHEDEL
Band VI: Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik
Darmstadt 1983
Über Pädagogik, S. 693 - 761
-
Berthold
KOPERSKI
Die
Vorlesungen Kants über Pädagogik
Wie ordnet Kant
seinen pädagogischen Ansatz zwischen der Aufklärungspädagogik und
seiner Transzendentalphilosophie ein?
Magisterarbeit an der Fernuniversität Hagen, 1998
ihttp://ifbm.fernuni-hagen.de/studienangebot/schulpadagogik/abschlussarbeiten/
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KANT - Die pädagogische Theorie ]
Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 30.04.21
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