Vier Ohren müsste man haben ... Eine Nachricht ist eine Nachricht. Ja, was denn sonst?
Der Referendar hört die Nachricht - und grübelt. Was hat der Schulleiter gesagt - nein, was hat er gemeint? Ja, es war gestern recht laut gewesen. Das brauchte der Schulleiter dem Referendar nicht erst zu sagen, weil der es selbst erlebt hatte. Was also wollte er ihm eigentlich" sagen?
Die vier Seiten einer Nachricht Bringen wir es auf eine Formel. Jede Sachaussage enthält auch eine Beziehungsaussage, eine Selbstaussage und einen Appell, und in der Regel durchdringen diese Aspekte auch noch einander. Die Aussage einer Nachricht - ihre Botschaft" - liegt also nicht von vornherein fest. Jede Nachricht enthält vier Aspekte, anders gesagt, vier mögliche Botschaften.
Nutzanwendung für didaktisches und erzieherisches Handeln Sie liegt auf der Hand.
Hier können Sie aufhören zu
lesen und weitersurfen. Wenn Sie aber auf dieser Welle
bleiben wollen, finden Sie hier noch Zusammenhänge und Auswirkungen Das Sender-Empfänger-Modell Die Verständigung von Mensch zu Mensch wird in der Fachsprache meist als Kommunikation bezeichnet. Insbesondere die sprachliche Kommunikation wird mit einem Modell beschrieben, das allgemein anerkannt ist und aus folgenden Elementen besteht: Ein Mensch möchte einem anderen etwas mitteilen. Er ist der Sender", seine Mitteilung ist die Nachricht".
Störungen sind ein Grundelement der Kommunikation. Oft werden sie gar nicht bemerkt, und dennoch entstehen durch sie Missverständnisse. Wird ein Missverständnis wahrgenommen, so kommt es zu Verstimmungen - das ist verdrießlich. Wird es nicht wahrgenommen, so kommt es zu Konflikten - das kann verhängnisvoll sein. Störungen der Verständigung sind grundsätzlich nicht vom guten Willen der Beteiligten abhängig. Sie werden nicht vom Individuum verschuldet, mögen sie auch oft mit dem Individuum zu tun haben, sondern liegen in der Natur der Sache. Störungen sind also eine allgemein-menschlich gegebene Tatsache. Mithin kommt es darauf an, die Mechanismen der Störungen zu erfassen und zu untersuchen, um sie bearbeiten zu können. Die zentrale Ursache für Störungen Die Botschaftenvielfalt - man muss geradezu von einer Quadratur der Nachricht" sprechen - ist die zentrale Ursache von Verständigungsschwierigkeiten. Auch bei vermeintlich eindeutiger Sprechweise des Senders ist es keineswegs sicher, dass der Empfänger die Botschaft zutreffend erfasst, die der Sender übermitteln wollte. Die Ursachen dafür liegen sowohl in der Person des Sprechenden als auch in der Person des Angesprochenen, d.h. in ihren Verständigungs- und Verstehensgewohnheiten. Die Art zu sprechen und die Art zu verstehen hängen eng mit der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen zusammen, seinen Erlebnissen und Prägungen, seiner Lebensgeschichte insgesamt. Besonders bedeutsam ist dabei die Tatsache, dass viele Menschen - sowohl als Sprecher als auch als Zuhörer - dazu neigen, eine der vier Seiten einer Nachricht situationsunabhängig und gewohnheitsmäßig zu bevorzugen. 1. Ursachen beim Sprechenden - dem Sender" Eine Botschaft kann in einer Nachricht nicht nur ausdrücklich - explizit - formuliert, sondern auch beiläufig - implizit - enthalten sein. In der Regel ist mit einer ausdrücklichen Botschaft zusätzlich eine beiläufige Botschaft verbunden. Nicht selten ist die beiläufig vermittelte, verdeckte Botschaft die vom Sender - bewusst oder unbewusst - eigentlich gemeinte Botschaft. Die Botschaft einer Nachricht kann auch durch andere nachrichtenartige Elemente, z.B. den Situationszusammenhang, die Art der Formulierung, durch Tonfall, Gestik und Mimik in eine andere Botschaft umgewandelt werden, die zu ihr in Widerspruch steht, aber das eigentlich Gemeinte übermittelt. Nicht bewältigte Konflikte in der Seele des Senders können eine Nachricht zu einer Doppelbotschaft werden lassen, die den Empfänger in jedem Fall zu einer Reaktion veranlassen, die den Sender enttäuscht. 2. Ursachen beim Hörenden - dem Empfänger" Die Quadratur der Nachricht gilt nicht nur für den Sender, sondern auch den Empfänger. Auch die Gewohnheiten des Empfängers, eine Nachricht zu entschlüsseln, werden in gleicher Weise geformt, wie es für den Sender dargestellt wurde.
Mithin wird deutlich, dass der Empfänger für das Gelingen oder Misslingen der Verständigung in erheblichem Grade selbst verantwortlich ist. Jede Rückmeldung, die der Empfänger dem Sender gibt, ist ihrerseits eine Nachricht. Auch sie hat wiederum vier Seiten. Deshalb kann ein Dialog sehr leicht zu einer Spirale von leichten oder auch schweren Missverständnissen werden. Metakommunikation und Interaktion Die dargestellten Mechanismen haben keineswegs schicksalhafte Natur. Zur Verständigung bereite Menschen sind ihnen nicht ausgeliefert, sondern können sie überwinden. Dazu ist es zunächst notwendig, sie zu erkennen und zu akzeptieren. Das macht es möglich, sich über die Voraussetzungen und Hintergründe von Störungen und Missverständnissen auszusprechen. Für diese Verständigung über Verständigung" hat sich der Begriff Metakommunikation eingebürgert. Wenn auch auf dieser höheren Ebene dieselben Verständigungsschwierigkeiten erneut auftreten, bedarf es professioneller Hilfe, z.B. durch einen Erziehungs- oder Partnerschaftsberater. Generell zeichnet sich diese Betrachtungsweise dadurch aus, dass sie die Ursachen nicht in den Individuen sucht, sondern in den Mechanismen der Verständigung; sie ist mithin psychologisch, nicht moralisch orientiert. Ausblick Diese Skizze kann nur einen Überblick geben. Ein vertieftes Verständnis menschlicher Kommunikation muss subtile Aspekte miteinbeziehen, wie sie vor allem in tiefenpsychologischen Betrachtungsweisen aufgedeckt werden. 1. Transaktionsanalyse Die auf den Psychologen und Psychiater Eric BERNE zurückgehende Transaktionsanalyse greift zentrale Einsichten der Tiefenpsychologie auf und wendet sie auf die Verhaltensmuster an, in denen Menschen miteinander umgehen. Sie gewinnt dabei leicht zugängliche Möglichkeiten, Konflikte im Umgang mit anderen Menschen zu vermeiden oder wenigstens befriedigender zu bearbeiten. Insbesondere trägt sie dazu bei, Situationen sicherer zu interpretieren und das eigene Verhalten bewusster zu gestalten. Zur Einführung eignen sich folgende Titel:
2. Sprechakttheorie Die Tiefenstruktur der sprachlichen Verständigung wird in der Sprechakttheorie untersucht. Die von ihr gewonnenen Erkenntnisse ähneln in großen Zügen den in diesem Text dargestellten Fakten. Sie vermitteln jedoch spezielle Einblicke in Funktion und Wirkung der Sprache. Deutlich werden hier vor allem die Zusammenhänge zwischen syntaktischer Form sowie beabsichtigter und tatsächlicher Wirkung sprachlicher Äußerungen. Insbesondere Lehrer erhalten hier zahlreiche Anregungen, für die sprachliche Lenkung des Arbeitsprozesses differenzierte und variable Formen zu entwickeln und damit das Impulsrepertoire zu erweitern. Dazu finden Sie detaillierte Informationen auf den Webseiten Sprachliche Impulse" und Fragen als Mittel der Lenkung". Literaturgrundlage Die vorstehenden Ausführungen beruhen im Wesentlichen auf Band 1 des insgesamt dieses außerordentlich lesenswerten Titels
Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 24.07.09 |