Home ] Nach oben ] Zurück ] Weiter ]

Was muss ein Lehrer können?

Versuche einer Annäherung

Schlüsselqualifikationen und Kompetenzen des Lehrers

Lehrer zu sein bedeutet, zur Wahrnehmung und Ausführung komplexer Aufgaben fähig zu sein.  Daraus folgt die Frage nach den Schlüsselqualifikationen des Lehrers. In diesem Baustein werden

  • einige Versuche vorgestellt, sie in einer ersten Annäherung zu beschreiben, 
  • sowie die Kompetenzen und Standards für die Lehrerbildung der KMK (Beschluss 2004) dokumentiert.

Übersicht
1.0 B
eschreibungsversuche für Schlüsselqualifikationen

       1.1 Die Ausbildungsordnung
       1.2 Die Sicht der Schüler
       1.3 D
ie Sicht eines maßgeblichen Didaktikers

       1.4 Die Ausbildungsordnung 1980
       1.5 Erfahrungen von Lehramtsanwärtern:
           o Erster Katalog
           o Zweiter Katalog
           o Dritter Katalog
           o Vierter Katalog

        1.6 Zusammenfassung: 
eine knappe Antwort
2.0
Kompetenzen und Standards für die Lehrerbildung

1.0 Beschreibungsversuche für Schlüsselqualifikationen

1.1 Die Ausbildungsordnung

Die Ausbildungsordnung i. d. F. vom 18. März 1999 - AusbO § 1 (1) - enthält die lapidare Aussage, der Vorbereitungsdienst solle die Lehramtsanwärter mit den Anforderungen des Berufs vertraut machen und sie

"zu selbständigem Handeln in Schule, Unterricht und Erziehung befähigen."

Die Einzelheiten des daraus folgenden Qualifikationsprofils werden in der Ausbildungsordnung und der Prüfungsordnung entfaltet. Eine systematische Übersicht finden Sie auf den Webseiten „Qualifikationsprofil gemäß Ausbildungsordnung" sowie Qualifikationsprofil gemäß Prüfungsordnung"

1.2 Die Sicht der Schüler

Der Verfasser hatte immer wieder auch Gelegenheit, Schüler über die Fähigkeiten sprechen zu hören, die sie von ihren Lehrern erwarten. Exemplarisch ist folgendes Zitat:

"Das ist doch ganz einfach. Ein Lehrer oder eine Lehrerin soll

  • seine Sache (also seine Fächer) beherrschen,
  • von der Bedeutung der Sache, die er unterrichtet, überzeugt sein
    und sie glaubwürdig vertreten,
  • die Sache, die er unterrichtet, verständlich vermitteln können
  • und uns anständig behandeln."

Diese Aussagen arbeiten knapp und einleuchtend zentrale Fähigkeiten hreraus, über die ein Lehrer verfügen sollte.

Zurück zur Übersicht

1.3 Die Sicht  eines maßgeblichen Didaktikers

Paul HEIMANN hat folgende Schlüsselqualifikationen beschrieben. Seiner Meinung nach muss ein Lehrer/eine Lehrerin

  • Strukturen erkennen,
  • Probleme exponieren,
  • Tatsachen, Normen, Organisationsformen beurteilen,
  • Entscheidungen vorbereiten können.

Diese Fähigkeiten sind unbeschadet ihrer Wichtigkeit so abstrakt beschrieben, dass sie weiter aufgefächert werden müssten. Außerdem beziehen sie sich ausschließlich auf didaktische Aufgaben.

1.4 Die Ausbildungsordnung von 1980

Die AusbO von 1980 enthielt einen knappen, aber differenzierten und sachlich weiterhin aktuellen Katalog der Aufgaben, die dem Lehrer in Unterricht und Erziehung gestellt sind. Danach muss er fähig sein,

  • Unterricht zu planen und organisatorisch vorzubereiten,
  • Unterricht durchzuführen,
  • fremden und eigenen Unterricht zu analysieren,
  • Erziehungsprobleme zu untersuchen und die Ergebnisse auf den konkreten Fall anzuwenden,
  • mit Gruppen von Schülern und einzelnen Schülern umzugehen,
  • im Gesamtrahmen der Schule mitzuarbeiten,
  • mit der Schule zugeordneten schulischen und außerschulischen Einrichtungen zusammenzuarbeiten,
  • die pädagogische Forschung zu beobachten, ihre Ergebnisse ggf. anzuwenden und besondere Unterrichtsformen zu erproben sowie pädagogische Neuerungen im In- und Ausland einzubeziehen und auszuwerten.

Wichtige intellektuelle Fähigkeiten sind deutlich und genau aufgeführt, doch wesentliche mentale und charakterliche Fähigkeiten lassen sich nur ahnen, obwohl sie fundamentale Voraussetzung der beschriebenen Fähigkeiten sind.

Zurück zur Übersicht

1.5 Erfahrungen von Lehramtsanwärtern

Im Zehlendorfer Allgemeinen Seminar haben sich Lehramtsanwärter immer wieder mit der Frage der Schlüsselqualifikationen auseinander gesetzt. Dabei sind vier Kataloge entstanden. Sie werden auch deswegen vorgestellt, weil sie unterschiedliche Zugriffe dokumentieren.

Erster Katalog

  • Die eigene Arbeit systematisch und effektiv, in Zeit- und Kraftaufwand
    zweckmäßig und ökonomisch organisieren können,
  • wahrnehmungs-, reaktions- und entscheidungsfähig sein,
  • eine realistische Beziehung zu seinen Aufgaben und Fähigkeiten haben,
    mithin sich weder idealistisch zu überfordern noch resignativ gehen zu lassen,
  • Konflikte und Enttäuschungen ertragen und dabei eine positive, humorvolle
    und optimistische Grundhaltung bewahren können,
  • die eigenen Gefühle kontrollieren und beherrschen,
    auf Befriedigung emotionaler Bedürfnisse wenigstens zeitweilig verzichten können,
  • über Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen
    und der jeweiligen Situation angemessene Umgangsformen verfügen,
  • Persönlichkeit sein und eine gewisse Autorität verkörpern.

Zweiter Katalog

  • Unterricht planen, analysieren, organisieren, durchführen und in den meisten Fällen revidieren.
  • Im Rahmen des vorgegebenen Curriculums ein Höchstmaß an Kreativität entwickeln.
  • Stringente Durchführung des Unterrichts in Phasen bei gleichzeitigem flexiblen Reagieren auf Schülerbedürfnisse.
  • Berücksichtigung entwicklungspsychologischer und gruppendynamischer Prozesse bei niveauvoller propädeutischer Wissensvermittlung.
  • Die Fähigkeit, schwache Schüler zu fördern, ohne die leistungsstarken Schüler zu vernachlässigen.
  • Psychomotorisch fehlerfreier Umgang mit Kreide und sinnvoller Einsatz verschiedener Medien.
  • Die Bereitschaft, zugunsten der kommenden Generation auf private Freizeit zu verzichten.

Zurück zur Übersicht

Dritter Katalog

Unterrichten:

  • Fachkompetenz besitzen,
  • fächerübergreifendes Allgemeinwissen besitzen,
  • didaktisches Urteils- und Entscheidungsvermögen besitzen,
  • Lernvoraussetzungen / Leistungsstand erfassen können,
  • Unterrichtsmethoden beherrschen,
  • Interesse wecken (gut "schauspielern"),
  • lernpsychologische Kenntnisse besitzen.

Beurteilen:

  • Sinn für Wahrhaftigkeit
  • Gerechtigkeit
  • Fürsorglichkeit

Erziehen:

  • Einfühlungsvermögen besitzen, aber konsequent sein können,
  • entwicklungspsychologische Kenntnisse anwenden können,
  • Vertrauensperson darstellen,
  • Schüler mögen,
  • Selbstbeherrschung bewahren,
  • Organisation von Klassenreisen.

Allgemeines:

  • Kenntnis der gültigen Gesetze und Bestimmungen besitzen,
  • für freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten,
  • Anweisungen der Vorgesetzten befolgen.

Vierter Katalog

Generelle Befähigungen:

  • Reife, eigenständige Persönlichkeit,
  • fachliche Kompetenz,
  • Fairness und Sinn für Gerechtigkeit,
  • Verständnis und Einfühlungsvermögen,
  • Offenheit und Kontaktfähigkeit,
  • realistische Sicht in Verbindung mit optimistischer Haltung.

 Berufsbezogene Fähigkeiten:

  • Überblick - Sachverhalte reduzieren können,
  • verständlich erklären können,
  • Unterricht interessant gestalten,
  • deutliche Aussprache (gutes Sprachvermögen),
  • Respekt (den Schüler gegenüber),
  • Kollegialität.

Berufsbezogene Persönlichkeitsmerkmale:

  • Freundlichkeit,
  • Geduld,
  • Konzentrationsfähigkeit,
  • Durchhaltevermögen,
  • Konsequenz,
  • Nervenstärke,
  • Durchsetzungsvermögen,
  • Transparenz,
  • Distanz (abschalten können),
  • „schauspielern" können.

Zurück zur Übersicht

1.6 Zusammenfassung:  eine knappe Antwort

Für die Eingangsfrage dieser Webseite gibt es auch eine knappe und einprägsame Antwort. Sie besteht in der Begriffs-Dreiheit

Sachkompetenz - Sozialkompetenz - Selbstkompetenz.

Jörg RAMSEGER hat (Neue Sammlung 40, 2000, H. 1 S. 91) an diese von Ariane GARLICHS und Heinrich ROTH entwickelte Formel erinnert. Sie fasst schlüssig zusammen, was ein Lehrer können muss.

Zurück zur Übersicht

2.0 Kompetenzen und Standards für die Lehrerbildung

Die vorstehenden Darlegungen, Aussagen und Zitate sind trotz ihrer erkennbaren Zeitgebundenheit weiterhin durchaus aktuell. Dennoch bilden sie den Stand der bildungspolitischen Diskussion und der aus ihnen abgeleiteten Folgerungen für die schulpraktische Ausbildung nicht ab. Wie das o.g. Zitat Jörg RAMSEGERs zeigt, ist der Begriff »Kompetenz« zum zentralen Bezugspunkt der Lehrerbildung geworden. Diese Entwicklung bildet sich in den folgenden Regelungen ab.

  • Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat am 27. November 2003 das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Lehrerbildungsgesetzes (12. LBiGÄndG) beschlossen. Dadurch wird für die Ausbildung der Lehrer eine neue Struktur eingeführt.

  • Die Ständige Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) hat am 16. Dezember 2004 "Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften" beschlossen. 

Das Referat Lehrerbildung der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat auf dieser Grundlage in dem »Handbuch Vorbereitungsdienst« Materialien für den reformierten Berliner Vorbereitungsdienst herausgegeben. Dort werden auf S. 62 ff. die Standards der KMK dokumentiert. 


[ Zurück zur Übersicht ]
Home ] Nach oben ] Zurück ] Weiter ]


Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 05.04.23
© Inhalte 2000-2008 - Impressum