[ Home ] [ Nach oben ] [ Zurück ] [ Weiter ]
Begrenzen und Bekräftigen
- ein Interventionsprogramm -
"Nich jeschimft
is jenuch
jeloobt"
(Berliner Volksmund)
Konsequenz als Konzept
Dieses Programm beschreibt eine Möglichkeit, unerwünschtes
Schülerverhalten im Klassenzimmer zu vermindern und erwünschtes Schülerverhalten
häufiger auftreten zu lassen. Sein Kern ist sehr konsequentes Lehrerverhalten.
Das ist keineswegs gleichbedeutend mit Drohungen und Strafen; vielmehr kommt
es auf ein konsequentes Verhalten an, das von den Schülern akzeptiert werden kann.
Dieses Programm umfasst folgende Schritte.
Begrenzen und Bekräftigen
1. Freundlicher Ton
Die Lerngruppe bzw. der einzelne Schüler soll bestimmt,
aber freundlich angesprochen werden. Das erleichtert es ihnen, die Äußerungen des
Lehrers anzunehmen.
2. Anordnungen als Bitten formulieren
Wählt der Lehrer für Anordnungen die sprachliche Form
der Bitte, so zeigt er den Schülern, dass er sie akzeptiert, auch wenn er im Augenblick
eine Verhaltensänderung herbeiführen will.
3. Möglichst frühes Eingreifen
Auf unerwünschte Verhaltensweisen soll gleich dann
reagiert werden, wenn sie aufgetreten sind. Ein Schüler kann dann leichter ein
ungünstiges Verhalten beenden, ein Lehrer ist noch nicht verstimmt, kann also noch
freundlich, ohne mühsam unterdrückten Ärger reagieren.
4. Definierte Toleranzgrenzen
Zwischen Lehrern und Schülern soll eindeutig geklärt
sein, welche Verhaltensweisen zugelassen und welche nicht erlaubt sind. Hohe Toleranz
einerseits, gereiztes Reagieren andererseits führt zu Verhaltensunsicherheiten.
Viele Lehrer haben eine zu hohe Toleranzgrenze,
andere sind jedoch schon bei geringfügigen Unterbrechungen überempfindlich.
5. Häufiges Eingreifen
Sobald die definierte Toleranzgrenze überschritten ist
greift der Lehrer ein, wie beschrieben: frühzeitig, freundlich, in Form einer Bitte.
Der Lehrer hofft also nicht, dass das unerwünschte
Verhalten von allein verschwindet, sondern spricht es sofort an.
Das führt zunächst zu häufigem Eingreifen, weil ohne
Aufschub und Ausnahmen auf jedes Verhalten reagiert werden muss, das den definierten
Regeln nicht entspricht.
Das konsequente Verhalten des Lehrers lässt die
Regelverstöße der Schüler bald zurückgehen, so dass er immer seltener eingreifen muss.
Obwohl dabei zunächst weniger Stoff geschafft werden kann, führt der rasche Erfolg in
mittlerer Sicht zu effektiverem Unterricht.
6. Auf alle Schüler achten
Der Lehrer darf sich nicht damit begnügen, dass der
große Teil der Schüler seiner Aufforderung nachkommt. Er muss vielmehr genau beobachten,
ob jeder Schüler seiner Bitte folgt. Schüler, die dies nicht tun, müssen dann
gesondert angesprochen werden. Das kann zunächst aufwendig sein, lohnt sich jedoch
mittelfristig.
7. Den erwünschten Zustand bekräftigen
Sind alle Schüler der jeweiligen Bitte gefolgt, so darf
der Lehrer nicht einfach im Unterricht fortfahren, sondern muss bestätigen, dass der
erwünschte Zustand erreicht ist. Das kann durch Gestik, Mimik oder eine anerkennende
Bemerkung und deren Tonfall geschehen.
Es kommt entscheidend darauf an, den
erwünschten Zustand zu bekräftigen.
Ist es den Schülern schwer gefallen, auf das Begrenzen
des Lehrers zu reagieren, oder war das langwierig, so kann der Lehrer sich ausdrücklich
für das Eintreten des erwünschten Zustandes bedanken, Er bekundet damit den
Schülern seine Wertschätzung, die Schüler empfinden den Dank als positiv.
Zu Funktion und Bewertung des Verfahrens
Begrenzen und Bekräftigen ist nicht die einzige
Handlungsmöglichkeit des Lehrers, sondern sollte nur da eingesetzt werden, wo es um den Erwerb
von Gewohnheiten geht, die die Voraussetzung für störungsarmen Unterricht sind.
Bei dem Verfahren handelt es sich um eine Form der Verhaltensmodifikation.
Jedes unerwünschte Verhalten wird sofort blockiert, kann sich also nicht verfestigen, das
erwünschte Verhalten wird aufgebaut und bekräftigt. Der Prozess wird
durch Einsicht gefördert, durch Gewohnheit gefestigt.
Dieses Verfahrens wird auch Skeptiker überzeugen, wenn
das Eingreifen mit Ermahnungen und Strafen näher untersucht wird.
Auch hier handelt es sich um eine Form der
Verhaltensmodifikation. Unerwünschtes Verhalten wird durch negative Konsequenzen
lediglich unterdrückt, aber nicht gelöscht. In der Regel wird nicht konsequent
genug gemahnt und gestraft, weil die Folgen für das Klassenklima zu ungünstig sind.
Somit ist das herkömmliche Verfahren auch aus diesem Grunde nicht effektiv genug.
Vertiefte Informationen zum Thema finden Sie auf der
Webseite "Verhaltensmodifikation
- ein Interventionskonzept".
Literaturnachweis
Die vorstehenden Ausführungen wurden ausgearbeitet im
Anschluss an
Diethelm WAHL - Franz E. WEINERT - Günter L. HU8ER
Psychologie für die Schulpraxis
Ein handlungsorientiertes Lehrbuch für Lehrer
München 1997, 6. Auflage, S. 410 ff.
[ Home ] [ Nach oben ] [ Zurück ] [ Weiter ]
Ausgearbeitet
von: Dr. Manfred
Rosenbach - letzte Änderung am: 15.01.08
- |