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Der Auftrag der Berliner Schule

Das Schulgesetz für das Land Berlin vom 26. Januar 2004 bestimmt:

§ 1
Auftrag der Schule

Auftrag der Schule ist es, alle wertvollen Anlagen der Schülerinnen und Schüler zur vollen Entfaltung zu bringen und ihnen ein Höchstmaß an Urteilskraft, gründliches Wissen und Können zu vermitteln.
      Ziel muss die Heranbildung von Persönlichkeiten sein, welche fähig sind, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten sowie das staatliche und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, des Friedens, der Freiheit, der Menschenwürde, der Gleichstellung der Geschlechter und im Einklang mit Natur und Umwelt zu gestalten.
     Diese Persönlichkeiten müssen sich der Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit bewusst sein, und ihre Haltung muss bestimmt werden von der Anerkennung der Gleichberechtigung aller Menschen, von der Achtung vor jeder ehrlichen Überzeugung und von der Anerkennung der Notwendigkeit einer fortschrittlichen Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse sowie einer friedlichen Verständigung der Völker.
     Dabei sollen die Antike, das Christentum und die für die Entwicklung zum Humanismus, zur Freiheit und zur Demokratie wesentlichen gesellschaftlichen Bewegungen ihren Platz finden.

                                                            *
Hinweis:
Der Text des § 1 ist bei Novellierungen des Schulgesetzes mehrfach modifiziert, ergänzt und erweitert worden. Aufbau und Gedankenführung des Ursprungstextes wurden dabei geradezu pietätvoll respektiert, jedoch epochentypischen Einsichten und Überzeugungen angepasst. 
     Wenn Sie die ursprüngliche Fassung im Schulgesetz vom 26. Juni 1948 nachlesen und vergleichen wollen, klicken Sie hier.

Neu in das Schulgesetz aufgenommen worden sind: 

  • § 2 »Recht auf Bildung und Erziehung« 

  • § 3 »Bildungs- und Erziehungsziele« 

Sie werden hier dokumentiert.

§ 2
Recht auf Bildung und Erziehung

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf zukunftsfähige schulische Bildung und Erziehung ungeachtet seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Herkunft, einer Behinderung, seiner religiösen oder politischen Anschauungen, seiner sexuellen Identität und der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung seiner Erziehungsberechtigten. 

(2) Die Bestimmungen dieses Gesetzes dienen der Verwirklichung des Rechts auf Bildung gemäß Artikel 20 Abs. 1 der Verfassung von Berlin. Jeder junge Mensch hat entsprechend seinen Fähigkeiten und Begabungen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein Recht auf gleichen Zugang zu allen öffentlichen Schulen. Aus dem Recht auf schulische Bildung und Erziehung ergeben sich individuelle Ansprüche, wenn sie nach Voraussetzungen und Inhalt in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes bestimmt sind. 

§ 3
Bildungs- und Erziehungsziele

(1) Die Schule soll Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen vermitteln, die die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, ihre Entscheidungen selbständig zu treffen und selbständig weiterzulernen, um berufliche und persönliche Entwicklungsaufgaben zu bewältigen, das eigene Leben aktiv zu gestalten, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen und die Zukunft der Gesellschaft mitzuformen. 

(2) Die Schülerinnen und Schüler sollen insbesondere lernen, 

1. für sich und gemeinsam mit anderen zu lernen und Leistungen zu erbringen sowie ein aktives soziales Handeln zu entwickeln, 
2. sich Informationen selbständig zu verschaffen und sich ihrer kritisch zu bedienen, eine eigenständige Meinung zu vertreten und sich mit den Meinungen anderer vorurteilsfrei auseinander zu setzen, 
3. aufrichtig und selbstkritisch zu sein und das als richtig und notwendig Erkannte selbstbewusst zu tun, 
4. die eigenen Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Ausdrucksfähigkeiten sowie musisch-künstlerischen Fähigkeiten zu entfalten und mit Medien sachgerecht, kritisch und produktiv umzugehen, 
5. logisches Denken, Kreativität und Eigeninitiative zu entwickeln,
6. Konflikte zu erkennen, vernünftig und gewaltfrei zu lösen, sie aber auch zu ertragen, 
7. Freude an der Bewegung und am gemeinsamen Sporttreiben zu entwickeln. 

(3) Schulische Bildung und Erziehung sollen die Schülerinnen und Schüler insbesondere befähigen,

1. die Beziehungen zu anderen Menschen in Respekt, Gleichberechtigung und gewaltfreier Verständigung zu gestalten sowie allen Menschen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, 
2. die Gleichstellung von Mann und Frau auch über die Anerkennung der Leistungen der Frauen in Geschichte, Wissenschaft, Wirtschaft, Technik, Kultur und Gesellschaft zu erfahren, 
3. die eigene Kultur sowie andere Kulturen kennen zu lernen und zu verstehen, Menschen anderer Herkunft, Religion und Weltanschauung vorurteilsfrei zu begegnen, zum friedlichen Zusammenleben der Kulturen durch die Entwicklung von interkultureller Kompetenz beizutragen und für das Lebensrecht und die Würde aller Menschen einzutreten, 
4. ihre Aufgaben als Bürgerinnen und Bürger in einem gemeinsamen Europa wahrzunehmen,
5. die Auswirkungen des eigenen und gesellschaftlichen Handelns auf die natürlichen lokalen und globalen Lebensgrundlagen zu erkennen, für ihren Schutz Mitverantwortung zu übernehmen und sie für die folgenden Generationen zu erhalten, 
6. die Folgen technischer, rechtlicher, politischer und ökonomischer Entwicklungen abzuschätzen sowie die wachsenden Anforderungen des gesellschaftlichen Wandels und der internationalen Dimension aller Lebensbezüge zu bewältigen, 
7. ihre körperliche, soziale und geistige Entwicklung durch kontinuierliches Sporttreiben und eine gesunde Lebensführung positiv zu gestalten sowie Fairness, Toleranz, Teamgeist und Leistungsbereitschaft zu entwickeln, 
8. ihr zukünftiges privates, berufliches und öffentliches Leben in Verantwortung für die eigene Gesundheit und die ihrer Mitmenschen auszugestalten, Freude am Leben und am Lernen zu entwickeln sowie die Freizeit sinnvoll zu nutzen. 

Der Auftrag der Schule in den übrigen Bundesländern

Vielleicht wollen Sie den gesetzlichen Auftrag der Berliner Schule mit der entsprechenden Rechtsgrundlage anderer Bundesländer vergleichen?
     Eine vollständige Übersicht der Texte, die in den Länderverfassungen und den Schulgesetzen der Länder den Auftrag der Schule beschreiben, finden Sie auf der Webseite
     "Der Erziehungsauftrag der Schule und seine verfassungsrechtliche Legitimation".

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§ 1 - Urtext 1948
Aufgabe der Schule

Aufgabe der Schule ist es, alle wertvollen Anlagen der Kinder und Jugendlichen zur vollen Entfaltung zu bringen und ihnen ein Höchstmaß an Urteilskraft, gründliches Wissen und Können zu vermitteln.
     Ziel muss die Heranbildung von Persönlichkeiten sein, welche fähig sind, die vollständige Umgestaltung der deutschen Lebensweise auf demokratischer und friedlicher Grundlage zustande zu bringen, und welche der nazistischen Ideologie unerbittlich entgegenstehen sowie auch von dem Gefühl ihrer Verpflichtung der Menschheit gegenüber durchdrungen sind.
     Diese Persönlichkeiten müssen sich der Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit bewusst sein, und ihre Wirksamkeit muss bestimmt werden von der Anerkennung einer grundsätzlichen Gleichberechtigung aller Menschen, von der Achtung vor jeder ehrlichen Überzeugung und von der Anerkennung der Notwendigkeit einer fortschrittlichen Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse sowie einer friedlichen Verständigung der Völker.
     Dabei sollen die Antike, das Christentum und die für die Entwicklung zum Humanismus, zur Freiheit und zur Demokratie wesentlichen gesellschaftlichen Bewegungen, d.h. das ganze kulturelle Erbgut der Menschheit, einschließlich des deutschen Erbgutes, ihren Platz finden.


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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