Die Sprache der
Nicht-Annahme 1.0 Das Problemfeld Viele Störungen des Unterrichts sind Folge von Problemen, die einzelne Schüler haben. Die meisten Lehrer sind sensibel genug, Stichworte und Hinweise aufzufangen, die solche Schüler in ihren Botschaften senden. Es genügt jedoch nicht, die Probleme zu erkennen; Lehrer müssen auch wissen, wie sie effektiv reagieren sollen. Oft erleben sie Zurückweisung durch die Schüler, wenn sie versuchen zu helfen. Das zwingt zu der Frage: Warum gelingt es Lehrern oft nicht, Schülern bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen? Selbst verständnisvolle Lehrer reagieren oft falsch. Sie senden dem Schüler Botschaften, die ihm lediglich mitteilen, dass sein Verhalten unannehmbar ist. Sie möchten also, dass der Schüler sich ändert, dass er sich so verhält, als habe er kein Problem, kurzum, sie wünschen, er möge aufhören, ein Problem zu haben, was immer es auch sei. Thomas GORDON nennt das Sprache der Nicht-Annahme. Obwohl diese Sprache der Nicht-Annahme oft angebracht ist, hilft sie in keinem Fall weiter, wenn der Schüler ein Problem hat. Im folgenden wird zunächst die verschiedenen Kategorien der Sprache der Nicht-Annahme beschrieben und dann erklärt, warum diese meistens eine weitere Kommunikation mit den Schülern blockiert, warum sie das Lösen von Problemen nicht erleichtert und so häufig zu einer Verschlechterung der Lehrer-Schüler-Beziehung führt. 2.0 Die zwölf Botschaften der Nicht-Annahme Lehrer können unzählige nicht annehmende Botschaften senden; sie lassen sich in zwölf Kategorien einteilen. Alle haben sie die Tendenz, weiterführende Gespräche zu blockieren; sie verlangsamen, hindern oder unterbinden völlig den notwendigen Kommunikationsprozess zwischen Lehrer und Schüler. Angenommen, ein Schüler habe Schwierigkeiten, eine Aufgabe zu bewältigen. Auf die eine oder andere Weise teilt er mit, dass er der Aufgabe nicht gewachsen ist. Hier folgen fünf typische Lehrerreaktionen, die Nicht-Annahme mitteilen. Sie werden hier zusammengefasst, weil sie alle eine ähnliche Lösung des Konflikts anbieten.
Die nächsten drei Kategorien teilen alle Beurteilung, Herabsetzung und Bewertung mit. Viele Lehrer glauben fest daran, dass es einem Schüler hilft, ihn auf seine Fehler, Unzulänglichkeiten und sein törichtes Verhalten hinzuweisen. Zu diesem Zweck werden drei Arten von Botschaften verwendet:
Zwei andere Arten von Botschaften sind Versuche der Lehrer, einen Schüler aufzumuntern, das Problem verschwinden zu lassen oder zu leugnen, dass er überhaupt ein echtes Problem hat.
Die von Lehrern am häufigsten verwendete Straßensperre ist wahrscheinlich die folgende Kategorie. Allgemein bekannt ist, dass Fragen nicht selten auf Abwehr stoßen. Dennoch neigen viele Lehrer dazu, Fragen zu stellen, weil, das Problem des Schülers lösen wollen, indem sie ihre eigenen besten Lösungen beisteuern, anstatt dem Schüler zu helfen, sein Problem selbst zu lösen.
Botschaften der nächsten Kategorie benutzen Lehrer, um das Thema wechseln, den Schüler auf andere Gedanken zu bringen oder um sich überhaupt nicht mit dem Schüler beschäftigen zu müssen.
3.0 Warum die zwölf Straßensperren so ineffektiv sind Um die Wirkung der zwölf Straßensperren zu verstehen, muss man sich zunächst klar machen, dass solche verbalen Reaktionen gegenüber Schülern meistens mehr als eine Bedeutung oder Botschaft enthalten. Angenommen, eine Schülerin der Mittelstufe des Gymnasiums erzählt, sie glaube, ihre Freundin mache Schluss mit ihr oder weise sie zurück. Die Bemerkung: Das wäre nicht geschehen, wenn du sie besser behandelt hättest. Warum gehst du also nicht zu ihr und entschuldigst dich für das, was du getan hast?" vermittelt dem Mädchen mehr eine Aussage. Zweifellos hört sie eine oder alle diese versteckten Botschaften:
Oder angenommen, ein. Schüler sagt angewidert: Ich kann die Schule und alles, was damit zusammenhängt, nicht ausstehen." Wenn Sie erwidern: Oh, wir alle haben irgendwann einmal so über die Schule gedacht - das verliert sich, wenn du älter wirst", ist der Schüler berechtigt, folgende versteckte Botschaften herauszuhören:
Wenn Lehrer etwas zu einem Jugendlichen sagen, sagen sie zugleich etwas aber ihn. Jede einzelne Botschaft verrät, was sie von ihm denken, und sie bestimmt, was er letzten Endes von sich selbst denkt. Ihre Botschaften von heute prägen sein Selbstbewusstsein von morgen. Darum kann ihr Verhalten für die Beziehung zu ihren Schülern entweder konstruktiv oder - unabhängig von ihrer guten Absicht - destruktiv sein. Wie destruktiv die zwölf Straßensperren sein können,. zeigen eigene Erinnerungen und Erlebnisse. Hier nur einige Beispiele derartiger Wirkungen:
Entsprechend geschulte Lehrer merken sofort, dass Schüler auf Straßensperren ähnlich wie sie reagieren. Und sie haben recht. Therapeuten und Schulpsychologen versuchen bei ihrer Arbeit mit Kindern diese zwölf Arten verbaler Reaktionen zu vermeiden. Sie verlassen sich auf weit bessere Methoden mit geringerem Risiko, junge Menschen zum Schweigen zu bringen oder in die Opposition zu drängen. 4.0 Würdigung Die von GORDON vorgestellten Gesprächssituationen und deren Interpretation werden womöglich Widerspruch oder Ablehnung auslösen. Die meisten der zitierten Äußerungen sind offenkundig in gutem Willem getan worden, und der werde nicht anerkannt. Dem ist entgegenzuhalten: Guter Wille allein genügt nicht. Zur Professionalität von Lehrern gehört auch ein Sprachbewusstsein, das sie dazu befähigt, sich die Wirkung des Gesprochenen aus der Sicht des Adressaten vorzustellen. Anregungen zur Entwicklung eines solchen Sprachbewusstseins finden sich vor allem bei Friedemann SCHULZ VON THUN, insbesondere bei den Autoren der Transaktionsanalyse" (Autoren und Titel ebda. in Band 1). Weitere Empfehlungen finden Sie auf der Webseite "Das klärende Gespräch". Literaturnachweis Ausgearbeitet im Anschluss an
Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 15.01.08 |