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Plädoyer für Bescheidenheit

Hans AEBLI schreibt in seinem Buch „Grundformen des Lehrens", Stuttgart 1977, S. 234:

„Wir glauben unsererseits nicht,
daß die geistigen Gehalte,
die die Menschheit
im Laufe von Jahrtausenden erarbeitet hat,
im Kinde spontan erwachsen
und sich selbständig entfalten.

Wir glauben,
daß im durchschnittlichen bis begabten Kinde
Anlagen schlummern, die geweckt werden können
und die es ihm bei geeigneter Leitung ermöglichen,
bis zu einem gewissen Grade
nachzuschaffen und nachzuvollziehen,
was die besten Geister gedacht und gefühlt haben."

Kommentar

Wir Lehrer und vor allem manche Didaktik-Autoren neigen zu recht euphorischer und anspruchsvoller Wortwahl. Wir sprechen von Kreativität, schöpferischen Fähigkeiten und Spontaneität, von entdeckendem Lernen und anderen hochgemuten Vorstellungen. Leicht kann es dann vorkommen, dass wir diese Begriffe wörtlich nehmen, weil wir den didaktischen Zusammenhang, in dem sie ihren gültigen Stellenwert haben, aus den Augen verlieren.

AEBLIs Text mag auf den ersten Blick resignativ wirken und wird deshalb vielleicht auch Ablehnung auslösen. Richtig gelesen, ermutigt er uns dazu, alle geistig-seelischen, alle moralischen Kräfte aufzubieten, um unseren Schülern das Hineinwachsen in eine reiche und reife, dabei schier unüberschaubare Kultur zu erleichtern oder überhaupt erst zu ermöglichen.

„Bei geeigneter Leitung" - in diesen drei Worten wird unsere Aufgabe zusammengefasst.
Sie fordert uns heraus; wir sollten uns ihr standhaft und einfallsreich stellen. 
     Hier ein Hinweis für die Beachtung dieses Grundsatzes: Auf der Webseite "Plädoyer für Methodenvielfalt"  finden Sie vertiefende Hinweise zur Wahl der jeweils geeigneten Methode.
     Im Übrigen sei hier auf die Positionen der konstruktivistischen Didaktik hingewiesen. Sie finden sie auf Webseite „Konstruktivismus und Didaktik"

AEBLI hat in seinem Buch „Zwölf Grundformen des Lernens", Stuttgart 1987, 3. Auflage,
diese Thematik erneut aufgegriffen. Dort schreibt er (S. 391):

„Erziehungspersonen verfügen über Techniken, 
die im Kind Lernprozesse auslösen, 
die sich aufgrund seiner spontanen Aktivitäten nie ereignen würden."

In AEBLIs didaktischem Werk finden sich vielfältige Anregungen, wie wir Schüler nicht belehren, sondern ihre Fähigkeiten sich entfalten lassen können. Hingewiesen wird hier vor allem auf das Kapitel „Von der geleiteten zur selbständigen Anwendung", a.O. S. 361 - 382.


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 22.07.09
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