»Entwicklung« Übersicht 1.0 Der Begriff »Entwicklung« »Entwicklung« ist ein Begriff, der geradezu beispielhaft zeigt, dass eine Metapher, ein Bild, das Verständnis eines Sachverhaltes dauerhaft bestimmt - vor allem dann, wenn man sich dessen nicht bewusst ist. Ein Gegenstand oder eine Sache können
sich nur »ent-wickeln«, wenn sie vorher schon in eingewickeltem
Zustand vorhanden waren und sich nunmehr »entfalten«. Dafür mögen das
lateinische Substantiv »evolutio« und das zugehörige Verbum »evolvere«
das Vorbild abgegeben haben. Sie bezeichnen das Auseinanderwickeln eines - damals rollen-
oder walzenförmigen - Buches, »volumen« (Wälzer") genannt, um darin zu
lesen. 2.0 Zitate Gerade auch die Entwicklung der Persönlichkeit, die Ontogenese des Individuums, ist immer wieder so gesehen worden, wie es die Metapher vorgibt. Dafür seien hier zwei leitmotivartige Zitate vorgestellt. Sie werden durch zwei weiterführende Zitate exemplarisch ergänzt. 2.1 PINDAR und die Inschrift von Delphi Werde, der du bist." Häufig zitiert und gehört, stammt dieser kryptische und zugleich anregend offene Spruch von PINDAROS aus Theben (522 bzw. 518 - nach 446 v.Chr.). Dieser Dichterpriester war zugleich auch Sportreporter und Publicitymanager in einer Person. Thema seiner gedankentief und bedeutungsschwer aufgeladenen Dichtungen sind die Siege und die Sieger der sportlichen Wettkämpfe des alten Griechenland. Die Spiele in Olympia, Delphi, Nemea und Korinth hatten den Charakter von Gottesdienst - hier der Beste zu sein war der Inbegriff der Erfüllung. Liest man den Originaltext nach (Pythische Gedichte 2, 72), so zeigt sich, dass der Spruch um ein entscheidendes Wort verkürzt ist. Die freie Wiedergabe des vollständigen Verses lautet: Erkenne, wer Du im Kern deines Wesens bist, und dann werde es." Adressat dieser Aufforderung war kein geringerer als HIERON I., 478 - 467 v.Chr. der Herrscher (Tyrann") von Syrakus - Sieger im Wagenrennen bei den pythischen Spielen in Delphi. Und hier in Delphi verstand jeder diesen Vers als Zitat, denn alle kannten die Inschrift am Apollon-Tempel mit dem Befehl des Gottes von Delphi: Erkenne dich selbst" Mithin ist die Entwicklung der Persönlichkeit von Anfang an mit dem Auftrag zur Selbsterkenntnis verbunden. Das Pindarzitat enthält keimhaft auch einen Gedanken, der später von Aristoteles in seiner Metaphysik voll entfaltet werden sollte - die »Entelechie«. Alle Dinge und Wesen tragen ihr Werdeziel, ihren Zweck - ihr »télos« - in sich . Sie »entwickeln« sich ihrer inneren Natur gemäß. Er formuliert (Metaphysik IX, 8 - 1050 a 7 Bekker): "Um des Zieles willen ist das Werden, Ziel aber ist die Wirklichkeit." Entelechie definiert er (a.a.O. 1050 a 21) als "die Vollendung des Seins nach der ihm innewohnenden Bestimmung". Gerade auch für den Menschen gilt, daß er »ist«, indem er »wird«. So trägt er die Bestimmung, sich selbst zu bestimmen und zu vervollkommnen, in sich selbst (Winfried BÖHM 2004, S.28). 2.2 GOETHE: Urworte, Orphisch Johann Wolfgang GOETHE hat 1817 (Erstdruck 1820) eine Gruppe von fünf Gedichten mit dem Titel "Urworte, Orphisch" geschrieben. Das erste von ihnen lautet:
2.3 Relativierung Dass GOETHE trotz der geradezu hermetischen Strenge dieser Gedanken das Thema auch pragmatisch gesehen hat, bezeugt eine Passage aus den Gesprächen mit Eckermann vom 18. Dezember 1828: Wir bringen
wohl Fähigkeiten mit, In "Wilhelm Meisters Wanderjahren" schreibt er 1829: Wohlgeborene,
gesunde Kinder [...] bringen viel mit; 3.0 Nachweise 3.1 Zitate
3.2 Literaturnachweis
Hier werden nur die Titel genannt, die diesem Baustein zugrunde liegen. Ein zusammenfassendes Literaturverzeichnis für die Themengruppe "Entwicklungspsychologische Grundlagen des Unterrichts finden Sie auf der Webseite "Literaturgrundlage". [ Zurück
zur Übersicht ] Ausgearbeitet von: Dr. Manfred Rosenbach -
letzte Änderung am: 15.01.08 |