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Was soll Zensurengebung leisten?

Eine Thesensammlung

1.0 Unterschiedliche Auffassungen

In der erziehungswissenschaftlichen Literatur über die Beurteilung und Zensierung von Schülerleistungen, darüber hinaus in der öffentlichen Diskussion über dieses Thema werden die unterschiedlichsten Funktionen der Zensurengebung genannt. Sie werden hier als Studienmaterial aufgeführt. Die Reihenfolge der einzelnen Aspekte ist schematisch-neutral.

Wenn Sie sich in die Thematik einarbeiten wollen, sollten Sie sich auf den Aufforderungscharakter dieser Thesensammlung einlassen. Dann empfiehlt es sich, dass Sie jede Nennung sowohl auf ihre Triftigkeit als auch auf Problematik untersuchen. Versuchen Sie dabei von vorgefassten Bewertungen abzusehen und formulieren Sie alsdann eine begründete Einschätzung.

2.0 Die einzelnen Thesen

1. Rückmeldung für den Lehrer

Aus der Verteilung der Zensuren kann der Lehrer Informationen über den Leistungsstand der Schüler entnehmen.

2. Rückmeldung für den Schüler

Die Zensuren informieren den Schüler über den Erfolg seiner Mitarbeit hinsichtlich Lernstoff, eigenem Lernfortschritt und Leistungsstand im Vergleich mit den Mitschülern.

3. Rückmeldung für die Eltern

Die Zensuren informieren die Eltern über die Lernfortschritte und den Leistungsstand ihres Kindes, ferner über die Leistungshöhe im Vergleich mit den Mitschülern.

4. Prognose

Zensuren geben Aufschluss über weitere Leistungen innerhalb der Schule sowie nach Abschluss der schulischen Ausbildung.

5. Motivation

Zensuren veranlassen den Schüler, sich mit den Unterrichts- und Lernstoffen zu beschäftigen.

6. Disziplinierung

Schlechte Zensuren als Folge mangelnder Mitarbeit veranlassen den Schüler, sich besser am Unterricht zu beteiligen und effektiver zu arbeiten.

7. Information für externe Adressaten

Zensuren geben „Abnehmern" (anderen, insbesondere weiterführenden Bildungseinrichtungen, Personalreferenten, Firmen, Lehrherren etc.) die Möglichkeit, Ausbildungsstand und Leistungsfähigkeit eines Bewerbers sachgerecht einzuschätzen.

8. Sozialisierung

Zensuren vermitteln den Schülern die Existenz und Gültigkeit von Leistungsnormen, die sich von den für sie bislang, vor allem in der Familie, geltenden Normen z.T. erheblich unterscheiden können. Vor allem erfahren es die Schüler als legitim und gerecht, dass unterschiedliche Leistungen unterschiedlich bewertet („belohnt") werden.

9. Klassifizierung

Auf Grund von Zensuren werden Schüler unterschiedlichen Bewertungsklassen zugeordnet. Damit werden Maßnahmen für eine personengerechte Förderung (Zuordnung zu anderen Leistungsniveaus, Übergang in andere Schularten) vorbereitet.

10. Evaluation

Die Zensuren geben dem Lehrer und anderen schulischen Instanzen Aufschluss über den Lernerfolg einer Lerngruppe.

11. Auslese

Die Zensuren sind ein Instrument, mit dem Schüler aus ihrem Leistungsvermögen nicht entsprechenden Ausbildungsgängen entfernt und dem ihnen gemäßen Bildungsweg zugeordnet werden können.

12. Zuteilung

Mit ihren Zensuren verteilt die Schule Berechtigungen für den weiteren sozialen Aufstieg oder enthält ihn vor.

13. Allokation

Auf der Grundlage der Zensuren trägt die Schule dazu bei, dass Schüler in der Gesellschaft den ihnen angemessenen Platz finden.

14. Chancengleichheit

Zensuren können dazu dienen, soziale Ungerechtigkeiten auszugleichen. Deshalb kann es erforderlich sein, die Leistungen sozial benachteiligter Schüler besser zu bewerten als die von Schülern aus privilegierten Elternhäusern.

Ausgearbeitet im Anschluss an

  • Werner ZIELINSKI
    in: 
    F. W. WEINERT u.a.
    Funkkolleg Pädagogische Psychologie Bd. 2, S. 881
    Fischer Taschenbuch 6116.

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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 15.01.08
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